Der Duft einer Stadt:L'Eau de Krefeld

Nach Gingko, Moschus und Lavendel soll Krefeld duften. Der Oberbürgermeister der Stadt hat die urbanen Gerüche in Flaschen füllen lassen - und trägt den Duft selbst auf der Haut.

Dirk Graalmann

Eigentlich kann sich Gregor Kathstede auf seinen politischen Riecher verlassen. Der CDU-Politiker ist schließlich Oberbürgermeister der Stadt Krefeld. Dieses eine Mal aber vertraute er lieber auf das Urteil seiner Frau Claudia. Als sie ihn gut riechen konnte, war Kathstede zufrieden. Es war die Geburtsstunde des städtischen Dufts. "Meine Gattin hat gestrahlt, als ich es aufgelegt hatte", erzählt Kathstede stolz. Die Kommune hat nun ihr eigenes Parfum; so riecht nur Krefeld.

Lavendel

Ob Krefeld wirklich nach provenzalischen Lavendelfeldern duftet?

(Foto: Foto: iStockphotos)

Die Stadt, 240.000 Einwohner, hat eine lange Geschichte; seit dem 13. Jahrhundert im Besitz der Stadtrechte, die Seidenbarone brachten Wohlstand und Ansehen. Inzwischen ist die Stadt eine Haushaltssicherungskommune, ein Seidenweber-Denkmal erinnert an den früheren Glanz, statt Samt werden nun Spülsteine produziert. Die Henkel KGaA hat hier eine Tochterfirma angesiedelt, die Düfte für die Produkte des Konzerns entwickelt und in der sieben der bundesweit nur gut 30 Parfumeure arbeiten.

Erfolg bei den Frauen

Einer von ihnen kam bei einem offiziellen Termin mit dem Stadtvater ins Gespräch. Sie redeten auch über die Eigenheiten der Stadt, die Befindlichkeit der Leute und gemeinsame Identität - am Ende stand die Idee, das Gefühl in Flaschen zu gießen. Werner Faber bekam die Aufgabe, die Identität zum Duften zu bringen. Der Parfumeur ist in Krefeld geboren, er weiß, wie die Leute ticken. "Etwas konservativ" sei die Bevölkerung, findet er, entsprechend hätte er den Duft angelegt. Er wollte, so Faber, "das Flair der Stadt einfangen". Und nach einem halben Jahr Entwicklungszeit weiß man auch, wonach Krefeld riecht.

Es ist eine Mischung aus Gingko, ein klein wenig Patschuli, etwas Moschus, hier ein bisschen Nelke und da noch eine Prise Lavendel. Eine exquisite Mischung, "ein bisschen wie die Sachen von Boss", findet Faber. Nur für einen exquisiten Namen hat es dann nicht gereicht: Das Eau de Toilette heißt "Homme" für den Herren und "Femme" für die Frau.

Vor kurzem wurde das Wässerchen der Öffentlichkeit präsentiert. "Es wurde uns aus den Händen gerissen", erzählt Kathstede. Es klingt, als habe er ein Aphrodisiakum erfunden. Die ersten 700 Fläschchen sind ausverkauft, derzeit werden 10.000 Flakons nachproduziert. Es gebe reichlich Interessenten, so Kathstede. Firmen wollen ihren Geschäftskunden das Wässerchen gern unter den Christbaum legen, auch größere Parfümerie-Ketten hätten schon angefragt. Sie wollen "Krefeld Homme" ins Sortiment aufnehmen - wohl irgendwo zwischen Calvin Klein und Paloma Picasso.

Nur der Opposition im Krefelder Stadtrat stinkt's gewaltig, weil der Oberbürgermeister sich den Duft einiges kosten ließ. Die Stadt ging mit einem hohen fünfstelligen Betrag in Vorleistung, dafür verzichtete Henkel auf die üblichen Entwicklungskosten. Nun kassiert die Stadt an jeder Riechprobe mit. Für 24,95 Euro kann man sich Krefeld auf die Haut tröpfeln. Kathstede hat sich schon eingedeckt. Selbst im Urlaub trägt der Oberbürgermeister seine Herkunft mittels Duftwolke mit sich herum. Er parfümiere sich zwar nicht exzessiv, erzählt der 44-Jährige stolz, aber erste Reaktionen habe er schon bemerkt: "Ab und an lächelt mich mal eine Frau an."

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