Der Deutschen liebstes Obst:Die Bananenrepublik

Die Banane gehört zu unserem Alltag. Trotzdem hat sie kein Prestige und dümpelt zwischen Babybrei und billigem Sattmacher dahin. Über das Elend einer verkannten Frucht.

Thomas Platt

Die Saison der heimischen Früchte neigt sich mit dem Kürbis dem Ende zu. Nach den ersten heftigen Herbstregengüssen wird eigentlich nichts mehr Nennenswertes geerntet. Nun beginnt die Hochsaison des Imports. Ganz vorne dabei ist die Banane - altmodisch auch Adamsfeige genannt -, die nach dem Apfel der Deutschen liebste Frucht ist.

Bundesdelegiertenversammlung Bündnis 90/Die Grünen

Rund ein Dutzend Kilo Bananen werden in Deutschland pro Kopf im Jahresschnitt verzehrt. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth beißt gerne mal in den schnellen Sattmacher (im Bild auf der Bundesdelegiertenversammlung der Partei in Kiel 2004).

(Foto: dpa/dpaweb)

Rund ein Dutzend Kilo werden hierzulande pro Kopf im Jahresschnitt verzehrt. Und wer einmal eine Banane in einem der Anbauländer genossen hat, wird zu Hause nie wieder eine essen wollen. Wer einmal in Ipanema Urlaub gemacht hat, der wird bestätigen: In voll ausgereiftem Zustand besticht die Banane mit voller Fruchtsäure, die den träg-süßen Körper mit einer gewissen Eleganz versieht. In Ipanema könnte man drei Wochen lang nur von Bananen leben.

Je älter und größer die Republik wurde, umso alltäglicher wurde die Exotin für den Hausgebrauch. Die Zierbananenstaude gehört hier mittlerweile zur Grundausstattung eines Wintergartens, neben Palme und Phalaenopsis. Doch obwohl die Banane hier so berühmt ist und reichlich konsumiert wird, besitzt sie kein entsprechendes Prestige.

Ihr Image changiert zwischen Babybrei und billigem Sattmacher, dessen Kilopreis einen Euro nicht übersteigen darf, weil sonst die Kunden einen Bogen um den Supermarkt machen. Wenig förderlich ist ihrem Ansehen wohl auch, dass das Banana Split mit Vanilleeis, Schokosauce und Eisdielenschirmchen völig aus der Mode gekommen ist.

Das ist ungerecht. Nicht nur, weil es längst die verschiedensten Modelle bei uns gibt - von Babybananen über Kochbananen bis hin zur Bilderbuch-Banane im knallgelben Kostüm. Sondern eben auch, weil sie die einzige Frucht ist, die eine überaus ästhetische wie praktische Schutzhülle besitzt, die sich einfach öffnen lässt. Fehlt nur noch der Reißverschluss.

Zugegeben, die meisten von ihnen werden tüchtig mit Pflanzenschutzmitteln traktiert, tiefgrün geerntet und erst unterwegs beziehungsweise im Kühlhaus zur Reife gebracht. Die den Handel dominierende Sorte Cavendish transportiert zwar schon mehr Frische als früher, ist von der Konsistenz aber noch am ehesten mit rohem Kuchenteig zu vergleichen.

Der Liebling der Popkultur

Womöglich wird man der Banane am besten gerecht, wenn man sie als Zutat begreift. In einem Restaurant in Schleswig-Holstein wird beispielsweise geschmorte bunte Paprika serviert, die mit zerfallener Banane eine schier unglaubliche Einheit bildet. In der heutigen Gourmetküche profitiert weniger das Dessert als vielmehr der "Vegi-Teller" von ihr.

Auch Matthias Diether, frisch gekürter Aufsteiger des Jahres bei den Berliner Meisterköchen, serviert im Restaurant First Floor des Berliner Palace Hotels Tramezzini mit Bananenfüllung. Dazu würzt er die durchs Sieb gestrichene Frucht mit geriebenem Ingwer sowie Limonenzeste und backt die Weißbrot-Sandwiches in schwimmendem Fett aus.

Die Crew vom exzellenten Restaurant Broeding beim Münchner Rotkreuzplatz hat gerade einen vitalisierenden Trunk entwickelt, um die Gäste gegen jahreszeitlich bedingte Mattheit zu wappnen. Dazu werden eine Banane und eine Maracuja zusammen mit einem kurzen Abschnitt Chilischote sowie zwei Stengelchen Thai-Basilikum auf kleinster Mixerstufe püriert (damit die Maracuja-Kerne nicht zerdeppert werden) und mit dem Saft von vier Orangen aufgegossen.

Wer das Thema noch betonen möchte, höhlt eine möglichst unreife Banane aus und benutzt sie als Becher im Natur-Design. Zum Umrühren greift der Kenner natürlich zum Zitronengrasstengel.

Man mag von der Banane halten, was man will: Kein anderes Obst hat die Popkultur rascher in ihr Herz geschlossen - natürlich oder vor allem wegen ihrer Form, in die man einiges hineininterpretieren konnte. Die Pop-Art-Banane, die Andy Warhol 1966 für das Debütalbum von The Velvet Underground entworfen hatte, ist die vielleicht berühmteste Banane der Welt.

Gleich nach Chiquita.

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