Debatte um Fritten-Buden:Die Pommes-Anwälte sind alarmiert

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Kleinkarierte Stadtverschönerer und EU-Hygienevorschriften wollen den belgischen Fritten-Buden den Garaus machen. Pommes-Liebhaber sind entsetzt. Ein Plädoyer.

Marten Rolff

Belgische Fritten sind die besten. Sie sind appetitlich dick; außen goldgelb und kross und innen weich und aromatisch. Damit sind sie nicht zu verwechseln mit der trockenen Streichholz-Pommes im Schnellrestaurant, zu der - gegen Aufpreis - Ketchup und Mayo in geizigen Aufreißtütchen gereicht werden.

Belgische Leckerbissen: Die perfekten Pommes sind appetitlich dick; außen goldgelb und kross und innen weich und aromatisch. (Foto: AP)

Zugegeben: Wir wissen das nicht wirklich aus eigener Erfahrung, und zuletzt waren wir 1996 in Belgien - um die Englandfähre zu kriegen. Aber wir glauben es gern. Auch, weil der Kumpel eines früheren Kommilitonen aus Aachen kommt. Und der ist schließlich damals jeden Abend extra über die Grenze gefahren, weil die Pommes an der Bude in Lüttich eine solche Wucht waren, dass sie auf die Liste des Unesco-Weltkulturerbes gehört hätten.

Wo haben Schimanski und Thanner ihre Fälle gelöst?

Nun ist es so, dass die belgischen Fritten bedroht sein sollen. In Presseberichten ist zu lesen, dass kleinkarierte flämische Stadtverschönerer und technokratische EU-Hygienevorschriften den wackeren Betreibern den Garaus machen. Es werden immer weniger, was natürlich auch bei uns die Pommes-Anwälte alarmiert.

Jeder, der jemanden kennt, der jemanden kennt, der mal in Aachen gewohnt hat, wähnt die belgischen Fritten nun vom Aussterben bedroht. Und was soll man sagen: Sie haben irgendwie recht; nur leider aus dem falschen Grund.

Das wichtigere Argument gegen den EU-Regelungswahn ist die Bude selbst. Nicht umsonst wird sie redensartlich mit dem Leben in Verbindung gebracht.

War es nicht eigentlich zweitrangig, wie oft die Fritteuse gereinigt wurde, solange ihr heißes Fett und die wohligen Worte der Dame vom Grill unser Herz erwärmten? Wo haben Schimanski und Thanner ihre Fälle gelöst? Wer hatte immer geöffnet, wenn wir um Mitternacht hungrig waren? Wo trifft man Berliner Politiker, wenn nicht bei Konnopke? Und wo kommt der Frankfurter Banker heute noch mit dem Bauarbeiter ins Gespräch?

Das sind üblere Klischees als das von den belgischen Fritten? Mag sein. Die Bude muss trotzdem bleiben. Vor allem in Brüssel. Ist sie doch der letzte Ort, an dem der Eurokrat noch Chancen auf Kontakt zum wirklichen Leben hat.

© SZ vom 18.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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