Das Zeitalter Beethovens:Von glorreichen Augenblicken

Das Zeitalter Beethovens: Illustration: Stefan Dimitrov

Illustration: Stefan Dimitrov

Der Komponist erlebt die Französische Revolution und die Befreiungskriege mit - und nimmt daran durchaus Anteil.

Von Johanna Pfund

Als Beethoven seine Geburtsstadt Bonn verlässt, ist er 22 Jahre, die Französische Revolution gerade einmal drei Jahre alt. Die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Revolution auf Europa, letztlich auf die ganze Welt, sind enorm. Die Monarchien alter Prägung fürchten um ihren Fortbestand, zu Recht, wie das Beispiel Frankreich deutlich vor Augen führt; die liberale und bürgerliche Welt fordert entschieden Mitbestimmung, und das keineswegs nur in Frankreich. Infolge der Revolution beginnt eine schier endlose Serie von Kriegen, die erst mit dem Wiener Kongress von 1814/15 ihr vorläufiges Ende findet. Die Wirren der napoleonischen Jahre spiegeln sich in den Widmungen von Beethovens Werken wider.

Er ist ohnehin einer, der die Welt um sich herum aufmerksam und mit reichlich Ironie betrachtet. Genauso leidenschaftlich, wie der Komponist an seiner Musik arbeitet, genauso hält er auch mit seinen Ansichten nicht hinter dem Berg. Das wissen seine Verleger und Weggefährten durchaus, die oft Zielscheibe seines Spotts und seiner Wortspiele werden. Johann Wolfgang von Goethe stellt einmal fest: "Dieser Beethoven ist eine ganz ungebändigte Persönlichkeit." Der Komponist hingegen hält den Dichter für eine viel zu gebändigte Persönlichkeit, wie er nach einer Begegnung 1812 an den Verleger Breitkopf & Härtel schreibt: "Göthe behagt die Hofluft zu sehr mehr als es einem Dichter ziemt, Es ist nicht vielmehr über die lächerlichkeiten der Virtuosen hier zu reden, wenn Dichter, die als die ersten Lehrer der Nation angesehn seyn sollten, über diesem schimmer alles andere vergessen können."

Dabei weiß Beethoven durchaus die Unterstützung von Gönnern und Herrschern zu schätzen. Den ersten Gönner findet er mit dem Kurfürsten Maximilian Franz in seiner Heimatstadt Bonn. Dort regiert der Habsburger seit 1784 als Kurfürst von Köln und Fürstbischof von Münster. Der Bruder des damaligen Kaisers Joseph II. und der umstrittenen französischen Königin Marie Antoinette, die 1793 in Paris hingerichtet wird, gilt als aufgeklärt und volksnah. Er fördert die neu gegründete Universität Bonn - und auch Beethoven. Bereits 1787 schickt er den jungen Musiker nach Wien, der aber alsbald zurückkehren muss.

Wenige Jahre später schickt er ihn wieder nach Wien, nun soll Beethoven bei Haydn lernen. Beethoven vergisst das nicht. Jahre später will er seinem Gönner, der seinerseits 1794 vor den Franzosen aus Bonn fliehen muss, das op. 21 widmen, wie er in einem Brief im Juni 1801 seinem Verleger Franz Anton Hoffmeister in Leipzig schreibt. Allerdings stirbt der Kurfürst bereits im Juli 1801.

Zu diesem Zeitpunkt ist Beethoven auch noch angetan von den Leistungen des französischen Generals Napoleon - obwohl dessen Truppen seine Heimatstadt besetzt haben. Er will Napoleon ein Stück widmen, die 3. Sinfonie, die heute als "Eroica" bekannt ist. Doch mit der eigenmächtigen Krönung Napoleons zum Kaiser von Frankreich ist der liberale Beethoven alles andere als einverstanden, er zieht seine Widmung zurück. Im Laufe der Koalitionskriege besetzt Napoleon sogar Wien und hält sich 1809 auch in Schönbrunn auf. Von einer Widmung ist keine Rede mehr.

Erst im Zuge der Befreiungskriege widmet Beethoven wieder ein Werk den politschen Ereignissen. Die 7. Sinfonie entsteht zwischen 1811 und 1812 - in den Jahren, in denen Napoleons Eroberungsdrang gebremst wird. Der französische Kaiser scheitert am Russlandfeldzug, und in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 besiegen Russland, Preußen, Österreich und Schweden die Franzosen endgültig. Nur zwei Monate später findet die Uraufführung der Sinfonie an der Wiener Universität statt. Zugleich aufgeführt wird auch "Wellingtons Sieg in der Schlacht bei Vittoria", op. 91, das Beethoven nach dem Sieg des Herzogs von Wellington über die französischen Truppen im Juni 1813 geschrieben hatte. Der Erlös kommt behinderten Kriegsveteranen zugute.

Beethoven ist zu diesem Zeitpunkt berühmt. Und so ist es kein Wunder, dass er eine tragende Rolle im Kulturprogramm des Wiener Kongresses von 1814/15 spielt, bei dem die Staaten Europas um eine Neuordnung ringen. Der Kongress ist für seine Opulenz bekannt - und wird auch für Beethoven zum Fest. Die Kantate "Der glorreiche Augenblick", op. 136, wird für die versammelte Prominenz Europas am 29. November 1814 uraufgeführt, zusammen mit der bereits im Jahr zuvor gefeierten Schlachtensinfonie "Wellingtons Sieg" und der 7. Sinfonie.

Es bleibt nicht die letzte Hommage an einen Herrscher: Noch 1826 widmet Beethoven dem König von Preußen ein Werk, wenige Monate später stirbt der Komponist.

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