Das Unglück der Frauen:Frauen werden im Alter unglücklich, Männer zufrieden

Lesezeit: 9 min

Zwar unterschieden sich einzelne Länder in Details, die US-Amerikaner etwa fühlen sich insgesamt etwas weniger glücklich als andere, während im selben Zeitraum das Glücksgefühl in Europa leicht anstieg; doch ein Trend ist überall eindeutig. "Das subjektive Gefühl des Glücklichseins hat sich zu Männern hin und von Frauen weg verlagert", schlossen Stevenson und Wolfers, und "dieser Wandel gilt unabhängig davon, ob der Trend zu Glück für beide Geschlechter insgesamt gleich geblieben ist, ob er steigt oder fällt."

Damit nicht genug. Ein Faktor scheint besonders geeignet zu sein, Frauen noch unglücklicher zu machen: das Altern. Männer hingegen werden mit zunehmenden Jahren immer zufriedener. Das stellte letztes Jahr eine Studie der Wirtschaftsprofessorin Anke Plagnol von der Universität Cambridge fest. Zusammen mit Richard Easterlin von der University of Southern California analysierte sie die Daten von 47.000 Männern und Frauen. Da zeigte sich, dass Frauen ihr Erwachsenenleben zwar glücklicher beginnen als Männer. Aber mit zunehmendem Alter nimmt ihre Zufriedenheit immer mehr ab, während die der Männer konstant steigt.

Mit 39 Jahren sind Männer mit ihrer Ehe bereits glücklicher als Frauen mit der ihren, mit 41 sind sie mit ihrer finanziellen Situation zufriedener und mit 44 Jahren, was ihren Besitz insgesamt betrifft. Bei 48 Jahren haben die Männer die Frauen überholt, die Glückskurve der Männer steigt weiter bis ins hohe Alter, die der Frauen sinkt. Und sinkt. Doppelt so viele Frauen wie Männer leiden laut der Weltgesundheitsorganisation WHO an Depressionen; nicht von ungefähr richten sich zwei Drittel aller Anzeigen der Pharmaziebranche gezielt an Frauen.

Glück definiert sich maßgeblich durch Finanzen und Familie. Wenn diese beiden Indikatoren stimmen, steigt das Glücksgefühl. Es zeichnet einfach die Realität nach. Denn ab einem Alter von 34 Jahren sind Männer öfter verheiratet als Frauen, und diese Schere wird im Alter immer größer. Je älter Männer werden, desto sicherer stehen sie auch finanziell da. Später im Leben, meint Pagnol, "nähern sich Männer der Erfüllung ihrer Erwartungen immer mehr an".

Für Frauen läuft es genau andersherum. Sie verlieren schneller ihre Jobs, ihr Einkommen steigt kaum noch oder gar nicht mehr, die Scheidungen nehmen zu und immer mehr Mütter sind alleinerziehend. Die allgemeine Kluft zwischen Arm und Reich ist in den letzten Jahren immer größer geworden, das Risiko vor dem wirtschaftlichen und sozialen Abstieg steigt. Und damit auch die Angst davor, vor allem für Frauen. Noch vorhandene Glücksgefühle werden dadurch wirklich nicht gestärkt.

Lag Betty Friedan etwa falsch mit ihrer These, Hausarbeit im sicher versorgten Heim mache die Frauen nur unglücklich?

Diese Schlussfolgerung hängt natürlich so verlockend über den statistischen Ergebnissen, dass all jene sie in ein paar einfache Sätze zu fassen brauchten, die sowieso immer schon davon überzeugt waren, dass Frauen den falschen Weg eingeschlagen hatten. Es war eben ein Fehler gewesen, dieser Wunsch, alles zu bekommen, dieses "Having it all". Frauen seien schon rein biologisch betrachtet viel besser dafür geeignet, Kinder nicht nur zu gebären, sondern später auch zu nähren, zu kleiden und zu erziehen; besser jedenfalls, als draußen in der Welt ihren Mann zu stehen. Genau, ihren Mann zu stehen. Es war ein netter Versuch, Mädels, wir haben es euch gestattet, nun müsst ihr eigentlich langsam merken, dass daraus nichts mehr wird. Also kommt endlich heim zu Papa.

Auf der nächsten Seite: Wer zu viele Wahlmöglichkeiten hat, wird unglücklich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema