Das Prinzip Bohlen:Zwinker, zwinker

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Der Prominente macht gerne mal Schlagzeilen, die sich wunderbar in einen Werbespot umbauen lassen. Das ist einfach persönlicher und außerdem total ironisch. Ein Überblick aus aktuellem Anlass.

Tanja Rest

Wir wissen ja längst, wie das so läuft mit den Prominenten und ihren Werbespots: Der Prominente erscheint verspätet am Drehort, erkundigt sich bei der Produktionsassistentin noch schnell, welches Produkt er diesmal in die Kamera halten wird, dann hält er den Molkedrink / das Mobiltelefon / die Kopfschmerztablette grinsend in die Kamera und hat damit das Fünffache unseres Jahreseinkommens reingeholt. Das ist 1.) nicht gerecht und 2.) total unpersönlich. Nun ist der Prominente per se ja einer, der Schlagzeilen macht, gerne auch mal nicht so ruhmreiche, Schlagzeilen, die sich (zwinker, zwinker) wunderbar in einen Werbespot einbauen lassen. Das ist 1.) viel persönlicher und 2.) total ironisch.

(Foto: N/A)

Dieter Bohlen Das Leben: Am 11. Dezember überfallen zwei maskierte Männer die Bohlen-Villa in Hamburg-Tötensen. Sie fesseln erst den Gärtner, dann die Haushälterin und zwingen Bohlen, 60 000 Euro aus dem Tresor zu holen. Anschließend werden auch Bohlen und seine Freundin Carina gefesselt, wobei die Angaben über Carinas ganze (Bild) oder nur teilweise Nacktheit (andere Medien) auseinandergehen. Nach kurzer Zeit gelingt es Bohlen, sich loszureißen und die Nachbarn zu alarmieren. Die Werbung: Bohlen gefesselt und geknebelt - mit dieser Vorstellung, das sehen die Werbestrategen absolut korrekt, kann man Millionen Menschen glücklich machen. Folgerichtig zeigt RTL jetzt Spots für die Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar", in der ein gefesselter und geknebelter Bohlen in der Jury sitzt. Dazu die Drohung: "Demnächst lassen wir ihn wieder los!" Das Filmchen sei bereits am 16. November gedreht worden, heißt es. Aber egal, wer hier wen imitiert - die Werbung die Wirklichkeit oder umgekehrt: "Ich glaube, dass dieser Spot die Sendung nach vorne bringt", prophezeit ein Werbefachmann laut Bild.

Giovanni Trapattoni Das Leben: Am 10. März 1998 hält der Trainer des FC Bayern bei einer Pressekonferenz seine vielbeachtete "Ich habe fertig"-Rede. Die Werbung: Was Trap zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Nach einem kurzen Zwischenspiel als Lachnummer der Nation wird ihn sein Dreiminutenauftritt direkt zur Meisterschaft katapultieren - wenn auch nicht in der Bundesliga. Trapattoni wird Werbe-Meister. Weil hinterher keiner so genau weiß, was Deutschlands neuer Lieblingsitaliener bei seinem Auftritt eigentlich gesagt hat, lässt sich die Rede auf praktisch jedes Produkt anwenden: für einen Sprudelwasser-Aufbereiter ("Nix Flasche leer - Flasche immer voll, einfach Sprudeln und Prost, ich habe fertig"), einen Energieunternehmer ("Wolle Spaß? Fahre rechts!"), schwäbische Maultaschen ("Isse wichtig, spiele mit Biss!") oder Joghurt ("Isse cremig, isse phantastisch!").

(Foto: N/A)

Waldemar Hartmann Das Leben: 6. September 2003, Deutschland hat gegen Island 0:0 gekickt, und bei Waldemar Hartmann im Studio sitzt ein hochexplosiver Bundestrainer Völler, dessen Zorn sich allerdings nicht gegen die Mannschaft, sondern gegen die Medien richtet. Waldemar Hartmann ist Teil der Medien. Rudi zu Waldi: "Du sitzt hier locker bequem auf deinem Stuhl und hast drei Weizenbier getrunken." Die Werbung: Lukrativer hat sich noch keiner vor laufender Kamera eine alte Saufnase nennen lassen müssen. Eine Woche später posiert Hartmann lächelnd im Biergarten, das Weißbierglas eines Münchner Brauers in der Hand. Der Slogan: "Prost, Rudi!"

Oliver Kahn Das Leben: Am 7. April dieses Jahres ernennt Bundestrainer Jürgen Klinsmann nach langem Zögern Jens Lehmann zum WM-Torwart - auf Kosten von Oliver Kahn. Die Werbung: Zwei Monate später sitzt Kahn neben Hartmann im Biergarten, dieselbe Weißbiermar- ke vor sich. Kahn zu Waldi: "Weißt, Waldi, auf der Bank ist es halt doch am schönsten."

Harald Juhnke Das Leben: Der liebste Trinker der Deutschen torkelt beschwingt von einem Exzess zum nächsten. Die Werbung: Juhnke sitzt im Wohnzimmer und hält heftig augenzwinkernd einen Plastikbecher hoch: "Ich trinke wieder - Kalinka Kefir." Bei der Präsentation des Spots sagt er der Presse: "Ich verstecke meine Fehler nicht, so viel Humor muss man schon haben." Sechs Jahre später ist er tot.

© Fotos: dpa, RTL, AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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