Bevor die Seuche das Land in die Angstklammer nahm, schätzte der Bestatter Tilo Brüsehafer besonders die fröhlichen Momente seines Berufs. Die Nachmittage in der Ortsgruppe der Volkssolidarität zum Beispiel, wohin er manchmal geladen wurde, um bei Kaffee und Kuchen darüber zu sprechen, welche Arten von Bestattungen denn einmal infrage kämen. Feuer. Erde. Das Meer? Gern hatte er auch eine Urne dabei, dazu die Aschekapsel, zur Verdeutlichung dessen, was seine Aufgabe ist, nämlich Tote unter die Erde zu bringen. Manchmal sei es dann richtig lustig geworden, erzählt er aus dieser Zeit, tausendundeine Nacht weit weg. Keine Masken. Ein Raum voller älterer Menschen mit lachenden Gesichtern. Da war zum Beispiel diese Frau, die krümelklein habe wissen wollen, wie das im Krematorium denn genau vonstattengehe, und ob es stimme, dass Leichen, wenn der Sarg eingefahren werde, im Feuer sich noch einmal aufrichteten? Wie zum Protest. Ein letztes Aufbäumen sozusagen.
Corona:Jeder stirbt für sich allein
Kein letzter Blick, keine letzte Berührung - und dann ab in den Sack: Die vielen Corona-Toten und die strengen Vorschriften führen zur Entfremdung vom Tod. Über die letzte Reise in einsamen Zeiten.
Von Renate Meinhof
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