Clooney und Ronaldo bei "Rubygate"-Prozess:Schmutz und 190 Zeugen

Wenn es nach der Zeugenliste geht, werden schon bald eine Reihe Stars aus Politik, Showbiz und Sport - zumindest indirekt - mit der "Bunga-Bunga"-Affäre Silvio Berlusconis in Verbindung gebracht.

Marten Rolff

Der Prozess, der am kommenden Mittwoch gegen den italienischen Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Mailand beginnt, wird lang und unappetitlich. Das gilt nicht nur in Italien als ausgemacht, geht es im so genannten Rubygate-Skandal doch um bezahlten Sex mit Minderjährigen und Amtsmissbrauch, und seit Monaten dringen immer neue pikante Details an die Öffentlichkeit, die der Affäre längst den Charakter eines monströsen "Porno-Balletts" zu geben scheinen, wie die Zeitung La Repubblica es nannte.

Clooney und Ronaldo bei "Rubygate"-Prozess: Kommt Clooney zur Gerichtsverhandlung? Der Hollywood-Schauspieler würde sich in einer Reihe finden mit Stars aus Politik, Sport, Showbiz - und Rotlicht.

Kommt Clooney zur Gerichtsverhandlung? Der Hollywood-Schauspieler würde sich in einer Reihe finden mit Stars aus Politik, Sport, Showbiz - und Rotlicht.

(Foto: AFP)

Doch wie lang und unappetitlich das Verfahren tatsächlich werden kann, das lässt sich nun an den Listen der gewünschten Zeugen ablesen, die Verteidigung und Anklage am Dienstag bei Gericht zur Genehmigung vorlegten. Die Namen der Personen, die womöglich im Prozess gehört und damit ab sofort mindestens indirekt mit der Affäre in Verbindung gebracht werden, lesen sich wie ein Who is Who aus Politik, Sport, Showbiz und Rotlicht, sie reichen von Italiens Außenminister Franco Frattini über den portugiesischen Weltfußballer Cristiano Ronaldo bis hin zu Hollywoodstar George Clooney.

Im Rubygate-Prozess geht es im wesentlichen um die Frage, ob der 74-jährige Berlusconi Sex mit der damals minderjährigen Marokkanerin Karima el-Mahroug gehabt hat, die sich selbst Ruby Rubacuori (Herzensbrecherin) nennt. Die Anklage glaubt, das mit abgehörten Telefonaten in mindestens 13 Fällen beweisen zu können. Den Rahmen für die anrüchigen Treffen im Frühjahr 2010 sollen so genannte Bunga-Bunga-Feste in Berlusconis Luxusvilla in Arcore bei Mailand geboten haben, ausschweifende Partys mit Edelprostituierten für besondere Gäste.

Als Ruby wegen Diebstahls verhaftet wurde, soll der Premier Druck auf die Polizei ausgeübt haben; um die Affäre zu vertuschen, habe er die damals 17-Jährige als Nichte von Ägyptens früherem Präsident Hosni Mubarak ausgegeben. Vorwürfe, die Berlusconi "widerlich" und "haltlos" nennt.

Um die Anklage zu widerlegen, möchten die Verteidiger des Ministerpräsidenten nun insgesamt 78 Zeugen vorladen lassen, die Staatsanwaltschaft kommt sogar auf 136 Personen, die vor Gericht zur Aufklärung der Affäre beitragen sollen. Allein, die mehr als 200 Menschen ein einziges Mal anzuhören, würde eine Ewigkeit dauern, wundert sich der Corriere della Sera. Ganz davon abgesehen, dass es sich vielfach um Zeugen handelt, deren Erscheinen im Gerichtssaal mit einigen Schwierigkeiten verbunden sein dürfte.

So möchte Berlusconis Anwalt Niccolò Ghedini zum Beispiel vier Minister, zwei Staatssekretäre, den Leibarzt und den persönlichen Schlagersänger des Premiers, den Dolmetscher der letzten Mubarak-Visite in Rom, das komplette Personal der Villa in Arcore sowie Real-Madrid-Spieler Cristiano Ronaldo, Oscarpreisträger George Clooney und dessen italienische Verlobte Elisabetta Canalis in den Zeugenstand rufen.

Skandal oder Verleumdung?

Als Grund für die exotische Auflistung nannten Berlusconis Verteidiger verschiedene Aussagen der inzwischen 18-jährigen Karima. Die Marokkanerin erzählte den Ermittlern etwa, sie habe Clooney und Canalis auf einer Party des Ministerpräsidenten in Arcore gesehen. Eine Angabe, die der Hollywoodstar bereits mit dem Satz kommentierte: "Seltsam, denn ich habe Berlusconi nur einmal getroffen, und das war, als ich um Unterstützung für Darfur geworben habe."

Elisabetta Canalis wiederum wird im Corriere della sera mit dem Satz zitiert, weder sie noch Clooney seien je auf einem Fest Berlusconis zu Gast gewesen.

Den Fußballer Cristiano Ronaldo will Karima in einem Mailänder Club kennengelernt haben. Man sei gemeinsam im Hotelbett gelandet, Ronaldo habe 4000 Euro gezahlt, wie die britische Sun schon im Februar genüsslich ausbreitete. Der Real-Madrid-Star selbst sah sich da bereits "als Opfer einer schmutzigen und widerlichen Berichterstattung", er könne beweisen, dass er zu besagter Zeit nicht in Mailand gewesen sei.

Welches Interesse Karima el-Mahroug mit solchen Aussagen verfolgt, ist unklar. Im Gegensatz zur Strategie der Berlusconi-Verteidiger. Ihnen gehe es darum, so analysierte La Repubblica, das Mädchen unglaubwürdig zu machen, das Bild zu zeichnen von "einer auf Weibchen getrimmten Minderjährigen mit Hang zu fantastischen Geschichten." Der TV-Journalist Emilio Fede formulierte es drastischer: Man wolle Ruby zeigen als "schicksalhafte Nervensäge, die den ganzen Affärenschlamassel höchstpersönlich angerichtet hat."

Ob Clooney, Canalis oder Ronaldo tatsächlich vor Gericht erscheinen, ist mehr als zweifelhaft. Sie würden sich dort womöglich auch in einer Reihe finden mit insgesamt 49 Escort-Damen und Partymädchen, die die Anklage auf ihre Zeugenliste gesetzt hat. Sicher aber ist bislang nur eins: Den drei Richterinnen, die das Verfahren leiten, bleibt nur wenig Zeit, um zu prüfen, wer in einer Woche als Zeuge sinnvollerweise überhaupt zugelassen wird.

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