Süddeutsche Zeitung

Carla Bruni:Mit aller Macht

Wie Blitz und Donner: Ein neues Buch porträtiert Nicolas Sarkozy und Carla Bruni.

Gerd Kröncke

In ihrer Zeit als Model hatte sie auch Kreationen von Yves Saint Laurent vorgeführt, und beim Abschiedsgottesdienst für den Modeschöpfer in Saint-Roch, der "Kirche der Künstler", war Carla Bruni in einem YSL-Hosenanzug aufgetreten, dem großen Designer zu Ehren.

Sie ging an der Seite von Pierre Bergé, YSL's Gefährten, um den Untröstlichen für einen Moment zu stützen. Auch der Präsident, Carlas Mann, hatte dem Modeschöpfer die letzte Ehre erwiesen. Carla Bruni hat sich in ihre Rolle als Première Dame eingelebt, niemand vermisst mehr Cécilia, die erste Frau des Präsidenten. Sarkozy am allerwenigsten.

Die Franzosen haben sich an sie gewöhnt, und es kann sein, dass auch ihr Mann davon profitiert - seine Umfragewerte steigen erstmals seit langem. Dabei waren sich die beiden noch vor Jahresfrist nie begegnet.

In einem Buch, gerade erschienen, schildern die Autoren Yves Azéroual und Valérie Benaïm, wie sie einander gefunden haben und miteinander auskommen: "Carla und Nicolas, die wahre Geschichte" - was denn sonst. Danach ist Nicolas, der Mann, genauso entschlossen wie Sarkozy, der Politiker.

"So einen hatte ich nicht erwartet"

Nach der Hochzeit, zu der der Bürgermeister des achten Arrondissements in den Elysée-Palast gebeten wurde, gestand der Ehemann seiner neuen Schwiegermutter: "Ich wusste nach zwei Minuten, dass Ihre Tochter die Frau meines Lebens sein würde." Die Liebe hatte eingeschlagen, so die französische Wendung, wie ein Blitzschlag, ein coup de foudre.

Vieles ist nicht neu, aber neu erzählt. Dass Carla Bruni eines Abends zu viel getrunken hat und zu viel geraucht und dass sie am Ende den Mann, von dem sie noch nicht wusste, dass er ihr Mann sein würde, fragte, ob er ein Auto vor der Tür habe. Die Partygäste lächelten, weil unten nicht nur eine Staatslimousine, sondern auch noch ein paar Motorradfahrer und etliche Bodyguards warteten.

Zuvor bei jenem denkwürdigen Dinner, das der Publizist Jacques Séguéla für seinen Kumpel ausrichtete, hatte es bei Sarko gefunkt. Er hatte, obwohl mehrere Paare beieinander saßen, ausschließlich Augen für "Carlita", wie er sie seither nennt. "So einen hatte ich nicht erwartet, so komisch, so lebhaft. Seine Physis, sein Charme, seine Intelligenz haben mich bezaubert", sagt sie. Auch jetzt noch bewundere sie täglich, dass dieser Mensch offenbar "fünf oder sechs Gehirne" habe, jedes "bemerkenswert durchblutet".

Beneidenswert? Selbst nach der Mühe des Tages kann er sich am Abend in Akten vertiefen und gleichzeitig "Carlita" lauschen, sich einfühlsam mit ihr austauschen. Auch früher habe sie sich nie mit Trotteln abgegeben, sagt Carla Bruni, aber ein solcher Mann-Mann sei einzig.

Manche, mit denen sie gefrühstückt hat, kennen sich, manche werden sich nie begegnen. Als sie mit Serge Klarsfeld, dem prominenten Anwalt, zusammen war, entdeckte sie, 1995, ihre Vorliebe für Sarkozys Vorgänger: "Wählt Chirac! Er ist der Schönste. Die anderen sind alle so grau."

Eiseskälte oder Herzenswärme

Zehn Jahre früher war sie links, platinblond und demonstrierte mit ihren Freunden gegen Fremdenhass. Zehn Jahre später, vor den letzten Wahlen, sprach sie sich für Ségolène Royal aus. Mal war sie mit einem früheren Premier liiert, mal mit einem Rocker. Ein ehemaliger Bildungsminister, verheiratet, drei Kinder, ironisiert: "Ich kam zwischen Laurent Fabius und Mick Jagger." Luc Ferry, der Ex-Minister, war an jenem Abend auch dabei. Er fotografierte mit seinem Mobiltelefon, jemand anderes knipste zurück, Intellektuelle wollen auch nicht immer nur klug reden. Schon vor Mitternacht wussten alle Anwesenden, was die Stunde geschlagen hatte.

Inzwischen beherrscht die junge Frau ihre Rolle perfekt. "Die Präsidentin", nennt sie das Magazin Le Point in dieser Woche auf dem Titel. Sie hält das für Unsinn, sagt sie, hätte sie einen Geigenspieler geheiratet, wäre sie doch jetzt keine Geigerin. Sie ist nur seine Frau, aber das mit aller Macht.

Man ahnt, dass die eine oder andere darüber weniger glücklich ist. Rachida Dati, die Justizministerin, zum Beispiel, war zuvor die Favoritin des Präsidenten. Bei einer Tour durch die Privaträume des Elysée standen die beiden plötzlich vor dem Staatsbett. Darin würde sie wohl gerne liegen, fragte Carla Bruni die junge Ministerin. Es war ein Schlag unter die Gürtellinie. Freundinnen sind die beiden nicht geworden.

Sie kann Eiseskälte oder Herzenswärme ausstrahlen, je nach Stimmung. Sie hat die Briten bezirzt beim Staatsbesuch, als die entschlossen waren, sie nicht zu mögen. Nächste Woche könnte sie die Bayern für sich einnehmen. Am Montag reist Sarkozy nach Straubing, um Angela Merkel zu treffen. Und die Straubinger hofften bis zuletzt, dass Carla Bruni mitkommt.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2008/insc
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