Bio-Kosmetiker Julius Eulberg:Diamanten auf der Haut

Lesezeit: 4 min

Schon als Kind habe er Pasten und Salben zusammengerührt, um eine Creme zu erfinden für die ständig rauen Hände seiner Mutter. Heute mixt Julius Eulberg aus Alpenkräutern, Gletscherwasser und Edelsteinen luxuriöse Badeöle, Düfte und Cremes - und experimentiert mit flüssigem Gold und Silber.

Peter Bäldle

Bio-Kosmetik sei ihm immer eine Spur zu pampig gewesen, sagt Julius Eulberg. "Auch die Öle schmieren endlos herum. Was ich will, sind biologische Pflegeprodukte, die sofort von der Haut absorbiert werden, deren Gehaltsstoffe aber trotzdem höchsten Ansprüchen genügen." Öko-Chic also, biologische Kosmetik fürs Luxussortiment.

Foto: Tim Hailand (Foto: N/A)

2003 hat Julius Eulberg seine Bio-Beauty-Linie entwickelt und sie "Julisis" getauft, zu Ehren der altägyptischen Göttin Isis, der Schutzpatronin aller Alchemisten. Mittlerweile vertreibt er 23 Pflegeprodukte weltweit. Hautkliniken in Australien gehören ebenso zu seiner Klientel wie Wellness-Oasen in Hongkong oder ausgesuchte Parfümerien in Deutschland. Die Heilpflanzenextrakte aus biodynamischem Anbau stammen aus einem hundert Jahre alten medizinischen Kräutergarten in den italienischen Alpen - fernab jeglicher Industrie, sogar das Wasser kommt von den Gletschern. "Wir verarbeiten nur, was wir auch essen könnten", sagt Eulberg dazu lapidar.

Er sitzt auf gepackten Koffern in seiner ruhigen Berliner Altbauwohnung mit Jugendstilstuck. Prenzlauer Berg ist inzwischen Eulbergs Heimat, in diesem Moment aber ist er bereit zum Sprung nach Los Angeles. "Schließlich kann sich Brad Pitt nicht ewig die Cremes von Dr. Hauschka ins Gesicht schmieren", sagt er und lacht. Kräftig gebaut und glatzköpfig wirkt Eulberg wie ein ganz besonders gut gelaunter Buddha, dessen Geduld allerdings begrenzt ist. Stillsitzen und Abwarten war noch nie sein Ding.

Dabei hat alles ganz harmlos im pfälzischen Pirmasens angefangen, wo er 1964 als Spross einer alteingesessenen Kaufmannsfamilie geboren wurde. Der junge Eulberg interessierte sich schon früh für Mode: "Meine Mutter hätte sich nie ein Kleid gekauft, ohne dass ich es abgenickt hätte!" 1984 machte er ein Praktikum in einer Münchner Modeboutique und wurde nach nur drei Tagen Assistent der Geschäftsführung. Es folgten ein Crashkurs in Italienisch und ein Modemarketing-Studium in Florenz. Danach war Julius Eulberg bereit.

Er versuchte sich als Designer, entwarf Mode für Calvin Klein in New York und für Strenesse in Nördlingen. Seine eigentliche Karriere aber begann, als er 1989 in Wiesbaden "Eulberg Essentials" eröffnete: Deutschlands ersten Concept-Store, in dem neben Mode auch Kosmetik, Einrichtungsgegenstände und vor allem außergewöhnliche Parfums verkauft wurden. Die Düfte von Creed und Penhaligon, Molinard, Caron und Santa Maria Novella aus Florenz waren in Deutschland damals völlig unbekannt und wurden nun auf Wunsch - lange vor Erfindung des Online-Shoppings - in jeden Winkel der Republik verschickt.

Eher nebenbei entwickelte Eulberg "OK Towelettes", ein patentiertes System von aromatisierten Erfrischungstüchern mit therapeutischer Wirkung, die mal gegen Stress oder Migräne helfen, mal Lust auf Liebe machen sollten. Diese Tüchlein fielen eines Tages der japanischen Designerin Rei Kawakubo in die Hände, die nach neuen Produkten für ihre Modelinie "Comme des Garçons" suchte. Sie bat Eulberg, Duftkerzen, Badeöle und Duschgels für sie zu kreieren. "Und das war mir durchaus nicht fremd", erinnert er sich. Schon als Kind habe er Pasten und Salben zusammengerührt, um eine Creme zu erfinden für die ständig rauen Hände seiner Mutter.

1992 ging Eulberg nach New York, um an der renommierten Parsons School sein Modedesign zu perfektionieren. In New York lernte er auch Gurumayi kennen, eine Meisterin in der hinduistischen Philosophie des Kashmir Shaivismus. Unter ihrer Anleitung beschäftigte er sich mit Mediation und Siddha-Yoga. Er lernte, Mantras zu rezitieren und wie man im Gesang sich und die Welt vergisst. Er kam mit den Lehren des Ayurveda in Berührung. "Ohne diese spirituelle Begegnung wäre ich wohl nicht da, wo ich heute bin", sagt er. Damals entwickelt er seine erste ayurvedische Pflegelinie, basierend auf alten indischen Rezepturen, die er mit Ingredienzien aus dem Himalaya-Gebiet anreicherte. Er nannte sie "Jules & Jane", frei nach seinem Lieblingsfilm von François Truffaut.

Der Kosmetikriese Sephora heuerte ihn daraufhin als Markenscout an, die deutsche Innenarchitektin Anne Maria Jagdfeld bat ihn um Mitarbeit am Konzept ihres Berliner Departmentstores "Quartier 206". Natürlich war Eulberg schwerpunktmäßig für die Kosmetik zuständig, aber er führte auch die Mode von amerikanischen Designern wie Marc Jacobs und Stephen Sprouse ein. Sein Beratervertrag beim Quartier 206 endete erst im vergangenen Jahr.

Es war also schon reichlich Erfahrung vorhanden, als Julius Eulberg im Jahr 2003 "Julisis" gründet, die erste biologische Pflegelinie, die das ayurvedische Prinzip mit den Lehren von Paracelsus verknüpft, des berühmten Arztes aus dem 16. Jahrhundert. "Als mir dessen Schriften in die Hände fielen, hat es mich einfach umgehauen", sagt Eulberg. Seitdem hat er sein Leben der Alchemie verschrieben, experimentiert mit flüssigem Gold und Silber und begeistert sich für Maharadscha-Essenzen, die sich - unter Sonneneinwirkung auf ein oktagonales Glashaus und durch Zugabe von Flüssigkeit - aus weißen Diamanten gewinnen lassen.

Edelsteine verstärken auch die Wirksamkeit seines in diesem Frühjahr präsentierten Gesichtsserums aus kaltgepressten Keimölen. Dass sich Eulberg außerdem für die klinisch-klare Optik seiner Pflegeprodukte zuständig fühlt sowie für das asiatisch anmutende Logo auf den Verpackungen, überrascht eigentlich nicht. In der eher alternativ anmutenden Biokosmetik-Szene wird man Julisis-Produkte nicht finden - dazu sind sie zu teuer. 145 Euro kostet etwa eine kleine Packung des neuen Öls.

Natürlich könnte Eulberg nun in seiner Berliner Jugendstilwohnung sitzen und sich ein wenig ausruhen auf seinem Erfolg. Jedoch genau dies ist undenkbar für einen, der sein Leben lang die Nase in den Wind gehalten hat. Seit fünf Jahren sammelt er Tierplastiken aus Porzellan, von allen berühmten Manufakturen. Mehr als 300 Papageien, Pfauen und Sittiche, Tiger, Elefanten, Leoparden und Pferde stehen dicht gedrängt in seinem Berliner Domizil. "Die Preise steigen", sagt er mit hörbarer Genugtuung. Nun bietet er sie zum Kauf an in seinem neuen Internetshop, zusammen mit antikem Schmuck, altem Silber und exzentrischen Designobjekten.

In unserer Zeit investieren die einen in Immobilien, die anderen in Gold. Ich investiere in Porzellan", sagt er. Ganz weit hergeholt ist diese neue Leidenschaft des Düftemischers nicht. Johann Friedrich Böttger, der 1710 das Porzellan erfand, war ebenfalls Alchimist.

© SZ vom 09.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: