Bewegung gegen Schmerz:Sport statt Schonung

Wer Schmerzen im Knie oder den Gelenken verspürt, sollte mit dem Sport aufhören. Soweit die gängige Meinung. Doch diese abwartende Strategie kann falsch sein.

Werner Bartens

Für Laien und sogar für Ärzte ist es oft ein Rätsel: Gerade junge Leute, die körperlich aktiv sind und kein Übergewicht aufweisen, leiden häufig unter Kniebeschwerden. Nach Sport und anderen körperlichen Anstrengungen tut ihnen das Gelenk weh. Besonders der vordere Bereich rund um die Kniescheibe schmerzt. Bei starker Beugung oder schneller Streckung des Beines verschlimmern sich die als Patellofemorales Schmerzsyndrom bezeichneten Beschwerden noch. Mit der Zeit nehmen viele Betroffene eine Schonhaltung ein und vermeiden sportliche Betätigung. Das entspricht durchaus dem bisherigen ärztlichen Rat: aufhören, wenn die Beschwerden beginnen und auf Aktivitäten verzichten, die den Schmerz auslösen könnten.

Laufen, Joggen, Sport, iStock

Belastungen und Sport lindern die Kniebeschwerden besser als die gängige Schonbehandlung.

(Foto: Foto: iStock)

Diese abwartende Strategie könnte allerdings falsch sein. Niederländische Mediziner um Robbart van Linschoten von der Erasmus-Universität Rotterdam berichten im British Medical Journal (online) von diesem Mittwoch, dass Belastungen und Sport die Kniebeschwerden besser lindern als die gängige Schonbehandlung. "Training unter Anleitung ist effektiver als das übliche Vorgehen", schreiben die Autoren.

Die Sportärzte, Allgemeinmediziner und Orthopäden aus Holland hatten mehr als 130 Patienten im durchschnittlichen Alter von 24 Jahren untersucht, die neuerdings unter Knieschmerzen litten. Die Hälfte von ihnen wurde abwartend behandelt und vermied stärkere Belastungen des Gelenks. Die andere Hälfte der Probanden nahm an einem sechswöchigen Sportprogramm teil. Unter Anleitung von Physiotherapeuten wurden die Oberschenkel- und die Gesäßmuskeln gestärkt. Dynamische wie isometrische Anspannung gehörten ebenso dazu wie Gleichgewichtsübungen.

Nach drei Monaten ging es den Teilnehmern, die Übungsprogramme absolviert hatten, deutlich besser als den anderen. Sie klagten über weniger Schmerzen in Ruhe wie bei Belastung, und auch ihre Gelenkbeweglichkeit war größer. Nach einem Jahr litten die Teilnehmer, die ihre Beinmuskeln gestärkt hatten, immer noch unter weniger Schmerzen. Die Beweglichkeit und Funktion des Gelenks unterschied sich aber nicht von der in der anderen Gruppe. Allen Probanden war es gestattet, zusätzlich Bandagen, Einlagen, Salben oder Schmerzmedikamente zu verwenden. Diese Mittel wurden genau erfasst, veränderten das Ergebnis aber nicht.

Für die eher jüngeren Menschen, die am Patellofemoralen Syndrom leiden, sind das gute Nachrichten. Sie müssen nicht mit dem Sport pausieren, sondern können weiterhin ihren Bewegungsdrang ausleben - am besten nachdem sie gelernt haben, wie sie ihre Beinmuskeln stärken.

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