Betreuungsgeld:Aus Überzeugung zu Hause

Betreuungsgeld wird nahtlos fortgeführt

In Familien, die Betreuungsgeld beziehen, trägt überdurchschnittlich oft die Frau die Hauptlast der Kindererziehung. .

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Wer sein Kind nicht in die Kita schickt, hätte das auch ohne Betreuungsgeld nicht getan. Eine Studie zeigt: In diesen Familien ist meist die Frau für die Erziehung zuständig.

Von Ulrike Heidenreich

Was wurde um das Betreuungsgeld gestritten: Einerseits als Wunderwerkzeug für echte Wahlfreiheit im Familien- und Berufsleben gepriesen, andererseits als Herdprämie geschmäht, war es im vergangenen Sommer vom Bundesverfassungsgericht schließlich aus rein rechtlichen Gründen gekippt worden.

Die 150 Euro pro Monat allerdings hatten auf die Entscheidung der Eltern wenig Einfluss, wie und wo sie ihr Kind betreuen lassen wollten. 87 Prozent der Mütter und Väter, die Betreuungsgeld bezogen, gaben laut einer neuen Studie an, sie hätten ihr Kleinkind auch dann nicht in eine Krippe gebracht, wenn sie kein Geld für die Betreuung zu Hause erhalten hätten.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) und die Technische Universität in Dortmund haben mit Unterstützung des Bundesfamilienministeriums amtliche Daten ausgewertet, um die Effekte des Betreuungsgeldes zu untersuchen. Im zweiten Quartal 2015 wurde demnach für 531 250 Kinder die staatliche Leistung überwiesen.

150 Euro zur Überbrückung

Das Betreuungsgeld war seit August 2013 gezahlt worden, Anspruch auf anfangs 100, später 150 Euro hatten Eltern, die ihre Kinder unter drei Jahren nicht in öffentlich geförderten Einrichtungen betreuen ließen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte die Regelung im Juli für nichtig, weil nicht der Bund, sondern die Länder für eine solche Leistung verantwortlich seien. Bayern und Sachsen haben das Modell inzwischen auf Landesebene übernommen.

Bei der Befragung durch das DJI sagten 60 Prozent der Bezieher, sie würden sich parallel um einen Kita-Platz für ihr Kind bewerben. In den meisten Fällen diente die Prämie also zur Überbrückung. Etwa 40 Prozent der Eltern gaben an, grundsätzlich der Überzeugung zu sein, dass Kinder in den ersten Lebensjahren in der Familie groß werden und keine Krippe besuchen sollten.

In 80 Prozent der Fälle war vor allem die Mutter für die Kinder zuständig

Die Nutzung des Betreuungsgeldes war außerdem stark abhängig vom flächendeckenden Ausbau der öffentlichen Betreuungsangebote. In Regionen mit vergleichsweise weniger Kita-Plätzen wurden die 150 Euro öfter und länger von Familien beantragt. Auffällig war auch der Unterschied zwischen alten und neuen Bundesländern: "Die Bezugsdauer des Betreuungsgeldes ist in Ostdeutschland häufig kürzer, weil Eltern frühzeitiger einen Platz in der Kita oder bei einer Tagespflege erhalten", so das Fazit der Forscher.

Bei mehr als 80 Prozent der Empfänger der Prämie war vor allem die Mutter für die Kinder zuständig, deutlich häufiger als bei Familien, in denen kein Betreuungsgeld bezogen wurde. Die Mütter waren vor der Geburt gar nicht oder nur geringfügig erwerbstätig. Sie stiegen deutlich später und mit geringerer Stundenzahl wieder in den Beruf ein. Ob das Betreuungsgeld dafür ein Anreiz war, könne die Studie nicht belegen, so die Forscher.

"Wir müssen akzeptieren, dass ein relativ großer Teil der Eltern seine Kinder in den ersten Lebensmonaten selbst betreuen möchte", sagt DJI-Chef Thomas Rauschenbach. Weil aber überdurchschnittlich häufig Eltern, die zu Hause mit ihren Kindern kein Deutsch sprechen, die Leistung bezogen hätten, müsse weiter dafür geworben werden, "dass vor allem Kinder mit Migrationshintergrund für eine verbesserte sprachliche Förderung und Integration gute Angebote öffentlich geförderter Betreuung erhalten". Insofern sei es beruhigend festzustellen, dass vom dritten Lebensjahr an fast alle Kinder eine Einrichtung besuchen - im Osten wie im Westen Deutschlands.

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