Ein Anruf bei ...:... Jennifer Schmid, die einen Wettbewerb für Bestatter gewonnen hat

Bestatter: 22-Jährige gewinnt Bestatter-Wettbewerb

Kein Partymensch, aber trotzdem Sieger beim Wettbewerb der Bestattungsfachkräfte.

(Foto: Gottfried Stoppel)

Die 22-Jährige erklärt, welche Aufgabe sie lösen musste. Und warum ihre Mutter während der Schulzeit schon sagte: "Dann werd' doch Bestatterin."

Interview von Hannes Vollmuth

Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag: Der Monat November ist naturgemäß den gedämpfteren Emotionen vorbehalten. Passt da der Bundesleistungswettbewerb der Bestattungsfachkräfte dazu, ausgerichtet vom Bundesverband Deutscher Bestatter e. V.? Anruf bei Jennifer Schmid, 22, Bestatterin im "Bestattungshaus ZUR RUHE" in Backnang bei Stuttgart und diesjährige Siegerin.

SZ: Frau Schmid, wie müssen wir uns einen Wettbewerb für Bestattungsfachkräfte vorstellen?

Jennifer Schmid: Die Aufgabe war, eine Trauerfeier für die Familie einer 14-Jährigen auszurichten, die von einem Klassenkameraden erstochen worden war. Erschwerend kam noch hinzu, dass zwar die Presse schon berichtete, aber die Familie sie noch gar nicht gesehen hat und sofort vorbeikommen wollte. Alles natürlich rein theoretisch.

Puh, schaurig. Wie haben Sie den Fall dann gelöst?

Ich habe vorgeschlagen, die Aufbahrung im engsten Familienkreis zu machen, wobei die natürlich abgeschottet sein muss. Die engsten Angehörigen hätten von mir ein Passwort bekommen, das nur an Familienmitglieder weitergegeben werden soll, die tatsächlich zugelassen sind. Am Eingang würde dann ein Mitarbeiter von mir stehen und das Passwort abfragen.

Ein Passwort.

Ich habe auch noch vorgeschlagen, den Raum schön zu dekorieren, Kerzen, warmes Licht, Luftballons. Zuerst würde ich die Eltern reinlassen - gemeinsam mit einem Seelsorger. Die kleine Schwester der Verstorbenen, die es in dem Szenario auch noch gab, hätte ich mit einer Bezugsperson auf die Seite genommen und mit ihr ein Bild gemalt. Dann wären die anderen Verwandten dazugestoßen, und am Ende hätten wir alle zusammen den Sarg bemalt und die Luftballons steigen lassen.

Und? Wie haben Sie als Bestatterin Ihren Sieg gefeiert?

Tatsächlich bin ich einen Tag vor dem Wettbewerb mit meiner Bestatterklasse aus Chicago zurückgekommen, dementsprechend war ich müde. Außerdem bin ich im Allgemeinen nicht so der Partymensch.

Was macht eine deutsche Klasse von Bestattern in Chicago?

Wir haben die US-Bestattermesse besucht, die NFDA, außerdem noch einen Friedhof und amerikanische Bestatter, mit denen wir uns auch ausgetauscht haben. Aber das Bestattungswesen dort ist schon sehr anders.

Inwiefern?

In den USA kommt es mehr darauf an, dass der Verstorbene bei der Beerdigung toll aussieht, richtig lebendig. Da ist viel Bling-Bling, aber das Interesse an den Angehörigen ist meiner Meinung nach geringer als bei uns. Natürlich ist auch in Deutschland der Verstorbene die Hauptperson, aber trotzdem ist es mir zum Beispiel sehr, sehr wichtig: Was möchten die Angehörigen? Darauf lege ich allergrößten Wert.

Dürfen wir fragen, seit wann Sie sich schon für den Tod interessieren?

Seit der 9. Klasse. Da hatten wir Tod und Sterben im Religionsunterricht, das hat mich nicht mehr losgelassen. Ich habe angefangen, Bücher dazu zu lesen, zum Beispiel: "5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen" von Bronnie Ware. Aber zuerst wollte ich ja eigentlich Floristin werden.

Aber?

Nach einem Praktikum habe ich gemerkt: Das ist mir zu wenig. Mein Ziel war ja immer: kreativ sein, mit Menschen arbeiten, Bürosachen erledigen und noch organisieren. Irgendwann hat meine Mutter gesagt: Dann werd doch Bestatterin.

Eine aufgeschlossene Familie.

Nur mein Opa fand's ganz schlimm und hat gesagt: Du bist eine Frau, wie kannst du in einem Männerberuf arbeiten, das geht doch nicht, und Verstorbene, die sind ja auch schwer, und für den Rücken ... Der hat sich einfach Sorgen um mich gemacht. Aber irgendwann hat sich das gewendet.

Was ist passiert?

Er hat es seinen Freunden erzählt, und die haben gesagt: Ist doch toll, dann macht sie es, wenn du irgendwann stirbst. Und so hat er sich angefreundet damit.

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