Süddeutsche Zeitung

Berlin:Der Größte

Als die Stadt Berlin noch geteilt war, gehörte der Fernsehturm zur DDR. Und deren Regierung wollte mit diesem Bauwerk etwas beweisen.

Von Elena Adam

Angeber-Turm

Die Geschichte des Berliner Fernsehturms ist ein wichtiger Teil der deutschen Geschichte: In den Sechzigerjahren waren Deutschland und Berlin noch in Ost und West geteilt. Die beiden Staaten - BRD und DDR - wollten einander in allem übertreffen. Damals ließ die Regierung der DDR im Ostteil von Berlin den Fernsehturm errichten, um die Stärke ihres Staates zu demonstrieren. Der Fernsehturm musste also gigantisch werden. Und weil die Ost-Regierung wollte, dass man ihn im Westen auf keinen Fall übersieht, baute sie ihn in direkter Nähe zu der Mauer, die Berlin teilte. Heute gibt es keine Mauer mehr und auch keine zwei deutschen Staaten. Der Berliner Fernsehturm steht jetzt im Zentrum Berlins am Alexanderplatz und ist mit seinen 368 Metern das höchste Bauwerk von ganz Deutschland. Außerdem ist er das vierthöchste frei stehende Bauwerk Europas.

Das Geheimnis des Kreuzes

Als der Berliner Fernsehturm am 3. Oktober 1969 eröffnet wurde, gab es eine große Feier. Aber eines war merkwürdig - die Architekten wurden dazu nicht eingeladen. Das ist ungewöhnlich, denn eigentlich sollten sie bei einer Eröffnung im Mittelpunkt stehen. Der Grund: Wenn die Sonnenstrahlen auf die Kuppel des Fernsehturms treffen, ist dort durch die Reflexion des Lichtes ein Kreuz zu sehen. Da das Kreuz ein religiöses Symbol der Christen ist und die damalige Regierung Religion ablehnte, gab es Ärger. Den Architekten wurde unterstellt, die Reflexion absichtlich eingebaut zu haben. Das Geheimnis des Kreuzes ist aber ein ganz anderes. Etwa 1000 kleine Pyramiden auf der Oberfläche der Kuppel sollen den Wind abfangen. Sie reflektieren in der Sonne und sind für den Kreuz-Effekt verantwortlich.

Touristen-Magnet

Heute besuchen etwa eine Million Menschen im Jahr den Fernsehturm in Berlin. In der Kuppel gibt es ein Restaurant, das sich innerhalb von einer Stunde einmal um seine eigene Achse dreht. Zwei Fahrstühle bringen die Besucher mit einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde zügig bis zur Aussichtsetage. In nur 40 Sekunden ist man also oben. Rollstuhlfahrer und Hunde dürfen nicht mit nach oben fahren. Denn wenn es in der Kuppel einmal brennt, müssen die Besucher die Treppe bis zu den Evakuierungsplattformen heruntergehen. Das sind die zwei Ringe unterhalb der Kuppel. Weil Rollstuhlfahrer das nicht können und Hunde den Ablauf durcheinanderbringen könnten, gibt es das Verbot.

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SZ vom 09.04.2016
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