Jedes Jahr fragen Marktforschungsinstitute und Partnervermittlungen nach den beliebtesten Kosenamen. Und jedes Jahr kommen sie auf dasselbe Ergebnis: Die meisten Menschen in Partnerschaften, nämlich 38 Prozent, nennen sich Schatz. Nein, wer hätte das gedacht!
Gäbe es nicht naheliegendere Fragen, wie zum Beispiel: Welchen tieferen Sinn haben all diese Kosenamen? Und warum sind die Menschen solche Einfaltspinsel, gerade wenn es darum geht, die Einzigartigkeit ihres Partners hervorzuheben? Es zeugt nicht gerade von herausragender Phantasie, für den Auserwählten einen Namen auszuwählen, der täglich bundesweit in schätzungsweise 22 Millionen Ohren gesäuselt wird.
Auf den Plätzen hinter Schatz wuselt diverses Getier wie Maus, Schnecke und Bär. Auch nicht gerade das Ergebnis überbordenden Einfallsreichtums. Abgesehen davon: Schmeichelhaft ist was anderes. Eine Frau könnte sich wohl Schöneres vorstellen, als sich den Kosenamen mit einem allesfressenden Nager oder einem schleimigen Weichtier zu teilen. Und nicht jeder Mann sieht sich gern als übergewichtiges Raubtier. Auch von Drache, Nilpferd oder Ratte ist eher abzuraten - es sei denn, man sucht Ärger.
Geradezu verheerend wird es, wenn Paare versuchen, charakteristische Eigenheiten ihres Partners zu beschreiben und dabei nichts als Beleidigungen kreieren: Da tummeln sich Moppelchen und Dickies neben Stinkerchen und Pupsbacken. Bei Wortschöpfungen wie diesen erübrigt sich zumindest die unangenehme Frage, wie der Betroffene zu seinem Namen kam.
Andere Kreationen wiederum sagen mehr über ihren Schöpfer aus als über den Adressaten. So nennen Frankophile ihre Liebste "Cherie", abgebrühte Herzensbrecher brechen das Eis mit einem coolen "Babe", Romantiker flöten leise "Augenstern". Schleckermäuler greifen gern auf "Zuckerschnute" oder "Zimtstern" zurück. Ein Highlight ist der "Stern in meiner Nudelsuppe". Vollbluteltern, die vergessen haben, wie das eigentlich funktioniert mit dem Kinderkriegen, nennen sich der Einfachheit halber auch mal "Vaddi" und "Muddi".
Freunde der Pflanzenwelt, zu denen immerhin mehr als ein Drittel der Befragten zählen, geben ihren Frauen Blumennamen. "Pissnelke" oder "Giftprimel" eignen sich dabei weniger, viel besser sind da schon "Rosenblüte" oder "Röschen". Ist das nicht auch der Kosename unserer Arbeitsministerin? Schon eigenartig, dass etwas so Intimes immer wieder an die Öffentlichkeit gelangt. Frau von der Leyen scheint das jedenfalls nicht zu stören. Vermutlich, weil er keinen Anlass zum Spott gibt.
Kosenamen sollten den Partner nicht beleidigen, sondern ihm huldigen. Göttlichschöner, Kullerkeks, Knutschfussel - ja, so wollen wir genannt werden. Also jedenfalls, wenn sonst niemand anwesend ist. Es gibt wohl kaum Entwürdigenderes, als vor Freunden oder gar Fremden mit "Hallo, mein Pipifrosch!" begrüßt zu werden.
Es soll ja Individualisten geben, die sich gar zu einem "Kuschelkolibri" hinreißen lassen. Andere verdoppeln die Kosung, indem sie den Hasen und den Schatz zu einem "Hascha" vermengen - nicht zu verwechseln mit "Hascherl", dem bayerischen Ausdruck für Angst-Hasen. Es ist schon ein Jammer, überall lauern Stoplerfallen und Fettnäpfchen.
Gerade im Liebesleben kommt es bei Kosenamen auf den richtigen Ton an, jede Nuance entscheidet über die Stimmung. Das gilt auch für die Wahl der Tiernamen, die in dieser Hinsicht besonders beliebt sind. Wenn man also aufgefordert wird, dem anderen schmutzige Tiernamen zu geben, ist damit niemals ein "Hasi" oder ein "Schneckerl" gemeint - auch kein "schmutziges".
Wer das nicht versteht, gehört eindeutig nicht zur Gattung Hengst, sondern zu den Bärchen. Oder aber er hat einfach nur eine subtilere Auffassung von Spaß im Bett.