Behindertensport:Behindertensportverband wollte kein Para-Team für EM melden

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Kugelstoßer Niko Kappel ist Aktivensprecher. Foto: Tom Weller/dpa (Foto: dpa)

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Bydgoszcz (dpa) - Als etwa 20 deutsche Para-Leichtathleten am 23. April die Mail des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) lasen, trauten sie ihren Augen nicht.

"Ich habe gedacht, das sei ein Witz", sagt Niko Kappel, Paralympicssieger im Kugelstoßen, der dpa. Einen Tag vor der Nominierungsfrist für die EM in Bydgoszcz (1. bis 5. Juni) teilte der DBS allen vorgesehenen Athleten mit, dass der Verband kein Team nach Polen schicken werde.

Es habe kein Hygienekonzept vorgelegen, deshalb habe man diese Entscheidung "zum Schutz der Athletinnen und Athleten getroffen", erklärt Sportdirektor Frank-Thomas Hartleb: "Zumal wenige Wochen zuvor die Hallen-EM der Leichtathleten ohne Behinderung zahlreiche Corona-Fälle zur Folge hatte."

Die Sportler um Aktivensprecher Kappel wandten sich an den DBS, der beim Ausrichter laut Hartleb eine Verlängerung des Meldeschlusses erwirken konnte. Die Nominierung wurde nachgereicht. Trotzdem werden nur 16 Deutsche in Polen antreten, allerdings überwiegend Spitzenathleten und Medaillenkandidaten.

"Jeder Sportler durfte selbst entscheiden, ob er teilnehmen will. Damit haben wir letztlich für alle die beste Lösung gefunden", sagt Kappel, der die Probleme mit dem Verband für ausgeräumt hält. "Ich hätte mir gewünscht, dass wir Athleten von Beginn an in den Prozess eingebunden worden wären", sagt er: "Die Zeit zehrt allen an den Nerven, da ist der Dialog wichtiger denn je, und wir dürfen es uns nicht unnötig schwer machen. Aber am Ende haben wir gemeinsam eine gute und konstruktive Lösung gesucht und gefunden."

Die Athleten werden kurzfristig zum Wettkampf an- und direkt danach wieder abreisen. Das Gefühl sei "schon ein bisschen mulmig", gesteht Kappel. Nach der Absage vieler Veranstaltungen werde es der "erste große Wettkampf unter Pandemie-Bedingungen sein. Aber ich habe kein schlechtes Gefühl. Polen hat inzwischen eine niedrigere Inzidenz als Deutschland. Viele Athleten sind geimpft, und da die Leichtathletik keine Kontakt-Sportart ist, können wir die Abstände gut einhalten."

© dpa-infocom, dpa:210531-99-803117/2

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