Behinderte - Kiel:Beauftragte fordern generelle Pflicht zur Barrierefreiheit

Kiel (dpa/lno) - Stufen zu Arztpraxen und Restaurants, TV-Sendungen ohne Untertitel und Gebärdendolmetscher - Behinderte stoßen im Alltag immer noch auf viele Hindernisse. Die Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes verlangen deshalb, auch private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit zu verpflichten. Dies steht in einem Forderungskatalog, auf den sich die Beauftragten am Dienstag bei einer Konferenz in Kiel für die neue Wahlperiode im Bund verständigt haben. Konkret müsste zur Umsetzung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geändert werden.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Kiel (dpa/lno) - Stufen zu Arztpraxen und Restaurants, TV-Sendungen ohne Untertitel und Gebärdendolmetscher - Behinderte stoßen im Alltag immer noch auf viele Hindernisse. Die Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes verlangen deshalb, auch private Anbieter von Produkten und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit zu verpflichten. Dies steht in einem Forderungskatalog, auf den sich die Beauftragten am Dienstag bei einer Konferenz in Kiel für die neue Wahlperiode im Bund verständigt haben. Konkret müsste zur Umsetzung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz geändert werden.

Die vielfach noch zu findenden Barrieren betreffen vergleichsweise viele Menschen: Von 2,8 Millionen Schleswig-Holsteinern haben etwa 530 000 Behinderungen und 325 000 einen Schwerbehindertenausweis.

Die Beauftragten fordern auch das Ende pauschaler Wahlrechtsausschlüsse für Behinderte, denen gerichtlich eine Betreuung "in allen Angelegenheiten" auferlegt wurde. Das sind oft psychisch Behinderte oder Menschen mit Mehrfachbehinderungen. Wenn sie "in allen Angelegenheiten" betreut werden, sind sie im Bund und den allermeisten deutschen Ländern per Gesetz vom Wahlrecht ausgeschlossen. Bei der jüngsten Bundestagswahl betraf dies mehr als 80 000 Menschen. Dieser grundsätzliche Ausschluss sei eine systemische Benachteiligung, sagte der schleswig-holsteinische Behindertenbeauftragte Ulrich Hase.

"Diese Wahlrechtsausschlüsse sind menschenrechtswidrig und widersprechen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, heißt es in der Kieler Erklärung der Beauftragten. Sie lobten Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, weil diese Länder als Vorreiter den Ausschluss der genannten Gruppe vom aktiven Wahlrecht kassiert haben.

Die Beauftragten wandten sich auch gegen eine "Atempause" für die Inklusion, die vielmehr gestärkt werden müsse. Gemeinsamer Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung sei immer noch nicht der Normalfall, hieß es. Inklusion an Schulen müsse schrittweise vorangetrieben werden, sagte Hase. Sie sei im Übrigen ein Menschenrecht. Mit einer Lockerung des Kooperationsverbotes müssen nach Ansicht der Beauftragten den Ländern Bundesmittel zur Verfügung gestellt werden, um ein funktionsfähiges inklusives Schulsystem nach gleichen Standards zu entwickeln. Hase bekundete wie seine Kollegen aus Rheinland-Pfalz und Sachsen, Matthias Rösch und Stephan Pöhler, die Sorge, das Thema Inklusion könnte in Deutschland in den Hintergrund geraten.

Er fürchte, dass nicht mehr um das Wie gestritten werde, sondern auch wieder um das Ob, sagte Rösch. Vor diesem Hintergrund setzten sich die Behindertenbeauftragten auch dafür ein, einen inklusiven Arbeitsmarkt zu schaffen und zusätzliche Mittel für barrierefreie Mobilität bereitzustellen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: