Begehrter Hochzeitstag 11.11.:"Wie kann man so jung und dumm sein?"

Am 11.11. ist der Ansturm auf die Standesämter enorm - doch unter den Heiratswilligen sind nur wenige junge Paare. Die Ehe gilt vielen als altmodisch, vielleicht sogar spießig. Oder nicht? Fünf Bekenntnisse wider den Trend.

Lena Jakat

Auslaufmodell, sozialer Anachronismus, Inbegriff von Spießigkeit: Die Ehe scheint unter jungen Paaren aus der Mode. Das Alter bei der ersten Trauung steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an, heute sind Frauen durchschnittlich 30 und Männer 33 Jahre alt, wenn sie zum ersten Mal vor den Altar treten. Gleichzeitig sind der jungen Generation Familie und Partnerschaft wichtiger als je zuvor: So glauben zum Beispiel 76 Prozent der 12- bis 25-Jährigen, dass man eine Familie braucht, um überhaupt glücklich zu sein. Auf sueddeutsche.de berichten fünf Paare, warum sie sich entgegen dem Trend so jung zu einer Ehe entschlossen haben.

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Julia und Martin Schnell beim Fotoshooting in China: "Dort lässt man die Bilder schon vor der eigentlichen Hochzeit machen und bastelt daraus ein Album, das die Gäste bei der Feier überreicht bekommen. Nach einem ganzen Tag Fotoshooting haben wir spaßeshalber auch mal die Klamotten getauscht."

(Foto: privat)

Julia Schnell, 27, Lektorin in Guilin, China, verheiratet mit Martin, 39, Ingenieur in Südkorea. Alter bei der Hochzeit: 23

"Als wir uns kennengelernt haben, war Martin drauf und dran, für zwei Jahre nach China zu gehen. Wider jede Vernunft haben wir trotzdem etwas miteinander angefangen. Ich habe an der Uni Deutsch als Fremdsprache und Sinologie zusätzlich belegt und bin zweimal für Sprachkurse nach China gereist. So konnten wir dort zusammenleben.

In chinesischen Arbeitsverträgen sind bei einer Heirat drei Wochen Sonderurlaub vorgesehen. Eines Abends haben wir rumgeblödelt, deswegen selbst zu heiraten und sehr gelacht. Als dann drei Wochen später tatsächlich der Heiratsantrag kam, war ich erst einmal verunsichert. Aber eigentlich war schon seit dem Anfang unserer Beziehung klar, dass wir zusammenbleiben wollen. Viele Leute sagen ja, dass sie das tun wollen, aber die Sache tatsächlich offiziell zu machen - das hat schon etwas. Der Trauschein verleiht einfach zusätzlich Rückhalt. Deswegen fanden wir es besser, zu heiraten, als einfach so zusammenzubleiben.

Ich habe es - anders als offenbar manche Freunde - nie als Einschränkung empfunden, verheiratet zu sein. Meinen Eltern wäre es wohl lieber gewesen, ich hätte erst mein Studium fertig gemacht, beruflich etwas erreicht und dann vielleicht mal ans Heiraten gedacht. Aber all diese Erfahrungen - zum Beispiel, alleine zu leben, in einer WG zu wohnen - das kann ich auch, wenn ich verheiratet bin. Hier in Guilin zum Beispiel lebe ich mit einer Vietnamesin zusammen."

"Ein Kind schweißt mehr zusammen"

Marcel Eschenfelder, 28, BWL-Doktorand, verheiratet mit Vanessa Felber-Eschenfelder, Realschullehrerin, 29, aus Bamberg, zwei Töchter: Alina, neun Jahre, und Karlotta, sieben Monate. Alter bei der Hochzeit: 25

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Das erste Kind kam zum Abi auf die Welt: Marcel und Vanessa Eschenfelder.

(Foto: privat)

"Wir haben schon 2001 zusammen ein Kind bekommen, da gingen wir beide noch zur Schule, standen kurz vor dem Abitur. Das war nicht einfach. Wir sind morgens noch mit Alina spazieren gegangen und danach in die Schule. Wir hatten großes Glück, dass uns unsere Eltern geholfen haben. Das Baby war allerdings nicht der Grund für uns, zu heiraten.

Für viele, die so jung ein Kind kriegen, scheint das eine große Belastung zu sein. Das war für uns überhaupt nicht so - im Gegenteil: Unsere Tochter und die ersten Jahre mit ihr haben uns sehr eng zusammengeschweißt. Und so war schon klar, dass wir irgendwann einmal heiraten wollen. Die Erfahrung, gemeinsam ein Kind zu bekommen, war für uns viel einschneidender als zu heiraten. Das war keine riesige Sache, wir hatten ja schon viel miteinander durchgemacht und wussten, worauf wir uns einlassen. Aber unsere Beziehung offiziell zu machen, war uns trotzdem sehr wichtig.

Wir haben das immer wieder rausgeschoben, wollten warten, bis wir das Geld haben, um es uns richtig schön zu machen. Das war am Ende allerdings doch nur ein blöder, vorgeschobener Grund. Als wir von der Hochzeit einer Freundin zurückgefahren sind, habe ich dann angehalten und gesagt: "Hey, lass uns doch heiraten." Und als wir es dann beschlossen hatten, ging alles sehr schnell. Ein guter Freund von uns hat gekocht, ein anderer aufgelegt, Kuchen haben die Gäste selbst mitgebracht. So war alles da, was wir brauchten, und das Schöne daran war, dass alle uns so geholfen haben."

"Wir sind beide gläubige Christen"

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"Zusammengezogen sind wir erst nach der Heirat": Rebecca und Christian aus Tübingen.

(Foto: privat)

Rebekka E., 26, Rhetorik-Studentin aus Tübingen, verheiratet mit Christian, 25, Medizin-Student. Alter bei der Hochzeit: 24

"Wir sind beide gläubige Christen. Deswegen sind wir schon mit der Vorstellung in die Beziehung gegangen, dass sie - auch wenn man sich natürlich nie hundertprozentig absichern kann - im besten Fall in der Ehe münden soll. Wir haben uns deswegen schon vorher Gedanken gemacht, ob diese Perspektive da ist und ob wir zusammenpassen.

Fast zwei Jahre waren wir verlobt, das war für uns noch einmal eine Phase, um zu gucken, wie es mit uns beiden läuft - so als eine Art letzte Prüfung. Das war schon eine andere Stufe als nur befreundet zu sein. Zusammengezogen sind wir aber erst nach der Heirat. Die meisten ziehen erst einmal zusammen, schauen, wie es läuft - und lassen sich so immer noch eine Hintertür offen. Für uns dagegen war es logisch, dass wir vorher heiraten. Wir wollten uns von Gott seinen Segen geben lassen für diesen Abschnitt, der uns da erwartet. Wenn man so viel von sich hergibt, seine intimsten Dinge, muss man sich völlig drauf verlassen können, bei dem anderen gut aufgehoben zu sein und darauf, dass er nicht bei irgendwelchen Problemen einen Rückzieher macht und geht.

Andere heiraten vielleicht eher, weil die Frau ein weißes Kleid anziehen möchte - und nicht, weil es unbedingt notwendig ist. Für sie ist die Hochzeit nur so ein nostalgisches Zusatzding, eine nette Begleiterscheinung. Manche haben auch nicht verstanden, warum wir heiraten, so nach dem Motto: 'Wie kann man so jung und dumm sein?'. Das war teilweise nicht besonders schön, aber die meisten waren begeistert und haben sich mit uns gefreut."

"Wir streiten jetzt zielorientierter"

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Seit der Hochzeit trägt Thomas Kusmenkov den Namen seiner Frau Ekatharina.

(Foto: privat)

Ekatharina Kusmenkov, 26, verheiratet mit Thomas, 26, Assistenzärzte aus München. Alter bei der Hochzeit: 24

"Wir waren erst eineinhalb Jahre zusammen, als Thomas mich fragte, ob ich ihn heiraten will. Das ist schon eine vergleichsweise kurze Zeit. Wir waren uns da aber bereits sicher, dass unsere Beziehung ein Leben lang halten soll und dass man sie mit einer Ehe auf ein ganz anderes Niveau hebt.

Wir waren vor Thomas' Antrag einen Monat lang in Kamerun und haben in einem Krankenhaus dort zusammen ein Projekt gemacht. Wir haben einiges erlebt, von dem wir dachten: Wenn wir das zusammen durchstehen können, ohne uns die Haare auszureißen, dann schaffen wir alles andere auch. Schon nach der Verlobung hat sich unsere Beziehung sehr verändert - wie wir miteinander umgegangen sind, die Intensität - und die Hochzeit gab ihr noch mal einen richtigen Schub. Ich kann sehr temperamentvoll sein. Früher bin ich öfter aufbrausend geworden und gegangen. Jetzt streiten wir in dem Wissen, dass wir zu einem Ergebnis kommen müssen, irgendwie zielorientierter.

Bei unseren Freunden war die Skepsis gegenüber unseren Hochzeitsplänen schon sehr groß. Aber wir haben ja nicht gedankenlos geheiratet. Wenn wir die Gelegenheit bekommen haben, das zu erklären, waren das tolle Gespräche und das Verständnis war am Ende viel größer. Für uns stand fest, dass wir nach der Hochzeit denselben Nachnamen tragen - Doppelname geht einfach gar nicht. Ich bin in Russland geboren und aufgewachsen. Diesen Teil meiner Lebensgeschichte wollten wir auch gerne erhalten, und so hat Thomas meinen Namen angenommen."

"Wir haben uns Nachwuchs gewünscht"

Brautpaare Schneider

"Die Hochzeit hat den Zusammenhalt mit unseren Eltern gestärkt": Andreas und Diana Schneider.

(Foto: privat)

Andreas Schneider, 27, verheiratet mit Diana, 26, Biotechnologen aus Dresden, eine Tochter: Zoe, zwei Jahre. Alter bei der Hochzeit: 23

"Ich war der eigentliche Drahtzieher bei der Hochzeit. Bei mir kam irgendwann der Wunsch auf, Nachwuchs zu haben. Vorher wollte ich allerdings verheiratet sein - da bin ich traditionell. Also habe ich Diana zu gegebener Stunde einfach gefragt, ob sie meine Frau werden möchte. Dafür habe ich mir einen ganz romantischen Fleck ausgesucht, von dem man auf die ganze Altstadt Dresdens blickt. Dort hatte mein Großvater auch schon meiner Oma den Heiratsantrag gemacht.

Knapp eineinhalb Jahre nach der Hochzeit kam dann unsere Tochter Zoe auf die Welt. Es fühlt sich einfach gut an, zu sagen: 'Ich habe eine Frau, ein Zuhause, eine Familie.' Die Ehe schweißt zusammen und - auch wenn das Diana vielleicht nicht so gerne hört - man fühlt sich so auch sicherer. Dadurch wird es nicht selbstverständlich, den Partner zu haben, aber die Beziehung ist ein ganzes Stück gefestigter. Die Hochzeit hat den Zusammenhalt mit unseren Eltern auch gestärkt. Das ist uns wichtig, denn wir sind beide Familienmenschen.

Wir sind am gleichen Tag zusammengekommen, wie wir zusammengezogen sind. Dabei wollten wir ursprünglich nur eine WG gründen. Seitdem haben wir alles zusammen gemacht: miteinander gelernt, Praktika belegt, abends auch noch gemeinsam die Forschungsprotokolle abgetippt - und uns immer noch wunderbar verstanden. Warum soll man dann mit dem Heiraten noch warten? Klar, eine Ehe soll lebenslang halten. Aber absolute Sicherheit gibt es ohnehin nicht."

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