"Austerity Chic" der britischen Royals:Heute schon geblufft?

Das Credo der Upperclass in Zeiten der Wirtschaftskrise lautet: Dekadenz als Sparsamkeit getarnt. Auch Prinz William und Kate Middleton haben das verinnerlicht - dem britischen Volksfrieden zuliebe.

Verena Stehle

Die Briten haben ja immer gerne Gesellschaftsspiele gespielt, diese "Parlour Games". Schon im Viktorianischen Zeitalter traf sich die gelangweilte Upper class in ihren Salons zur Scharade. Jetzt haben sich Prinz William und Kate Middleton ein Spiel ausgedacht, das man jederzeit und überall spielen kann. Man braucht auch gar nicht viel dafür, nur eines: sehr viel Geld.

Kate Middleton turns 29

Haben den "Austerity Chic" der britischen Upper class verinnerlicht: Kate Middleton und ihr royaler Verlobter Prinz William.

(Foto: dpa)

Das Spiel heißt "Austerity Chic", und es geht so: Man gibt vor zu sparen, während man eben gerade überhaupt nicht spart. Ziel ist es, bei den weniger Reichen keinen Neid zu erzeugen und von den ebenso Reichen oder noch Reicheren akzeptiert zu sein. Das ist ein bisschen kniffelig. Der Trick ist, sich Sachen zuzulegen, die nach wenig aussehen, deren eigentlicher Wert sich nur den lucky few erschließt. Am Ende gewinnt, wer die Welt am besten an der Nase herumführt.

Nach außen kommuniziert man eine Sparhochzeit

William und Kate könnten sich mindestens so eine Prachthochzeit leisten wie die Schweden im vergangenen Jahr, aber wie würde das aussehen, wo das britische Bruttoinlandsprodukt gerade geschrumpft ist. Also kommuniziert man nach außen eine Sparhochzeit, eine "Austerity Wedding" ganz nach dem Vorbild der Zeremonie von Prinzessin Elisabeth und Philip Mountbatten im Jahr 1947. Weniger Gäste, keine Glaskutsche, kein Lady-Di-Sahnebaiserkleid. Dem Volksfrieden zuliebe.

Offen ausgestellter Luxus mutet in diesen Zeiten etwa so an wie ein Video, in dem Babykätzchen gequält werden. Wenn man schon reich ist, soll man das bitte schön verbergen: stealth wealth nennt man das in Einzelhandelskreisen.

Und hier kommt der Austerity Chic wieder ins Spiel. Er macht möglich, dass man es sich mit dem Hausmeisterehepaar Herbert von gegenüber nicht verscherzt, aber auch nicht mit Tom und Kiki aus dem Segelclub.

Nehmen wir diese neuen schlichten Umhängetaschen von Céline: Frau Herbert hält sie für ein einfaches Erbstück. Kiki hingegen kennt den wahren Preis aus Tatler. Austerity Chic ist Dekadenz, die als Sparsamkeit getarnt ist. Der alte Armutsstil, in der nicht ganz so abgefuckten Version.

Wann das Spiel vorbei ist? Wenn es wahr ist, dass Kate ein Hochzeitskleid vom Label Victoria Beckham tragen wird. Die Victoria-Beckham-Mode sieht auch nach nicht sehr viel aus. Aber die Preise sind so unverschämt, dass sie jeder sofort weitertratscht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: