Süddeutsche Zeitung

Auf der Autobahn:Ameisen kennen keinen Stau

Was wir Menschen auf der Straße verkehrt machen und was wir uns gerade jetzt in der Urlaubszeit bei viel Verkehr von den schlaueren Tieren abgucken sollten.

Von Silke Stuck

Zu Abertausenden krabbeln, wuseln, wieseln kleine Tiere durchs Unterholz. Rush-Hour auf der Ameisenautobahn. Aber Stau? Gibt's hier fast nie.

Ganz anders bei uns, jetzt, zu Ferienbeginn, auf Deutschlands Straßen. Was können Ameisen, was der Mensch nicht kann? Stauforscher haben eine ziemlich einfache Antwort darauf: Die Tiere denken nicht nur an sich selbst. Nur ein kleinerer Teil der Staus auf den Straßen entsteht wegen Baustellen oder Unfällen. Meistens aber sind wir selbst schuld - und denken, es wären die anderen.

Wenn es bei Ameisen voll und eng wird, fangen sie nicht an zu drängeln oder zu schubsen. Sondern sie weichen einander geschickt aus oder krabbeln schneller, damit alles im Fluss bleibt. Menschen hinterm Steuer denken nur daran, wie sie selbst möglichst rasch vorankommen können. Dass andere deswegen bremsen müssen? Egal. Ameisen sind vorausschauende Verkehrsteilnehmer: Mit Duftstoffen, die sie versprühen, informieren sie entgegenkommende Artgenossen über Hindernisse oder andere Gefahren, die auf dem Weg liegen.

Parfümwölkchen über dem Asphalt? An so etwas denken nicht einmal die Stauforscher. Doch sie testen längst, ob Autos nicht in Zukunft ferngesteuert werden können - von elektronischen Ampeln und Sensoren, die einen Stau vorhersehen und die Geschwindigkeit des Autos anpassen.

Ideal wäre es, sagen die Experten, wenn der Verkehr funktionieren würde wie ein Reisezug mit aneinandergekoppelten Waggons. Würden nämlich alle Autofahrer immer in der gleichen, niedrigen Geschwindigkeit und mit dem gleichen Abstand fahren, hätten wir Verhältnisse wie bei den Ameisen. Leider ist für die meisten Erwachsenen das Auto mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Ameise spielen und sich einreihen? Och nö.

Eines sollten Autofahrer den Ameisen aber wirklich nicht nachmachen: Die klettern nämlich, wenn es doch mal richtig eng wird,übereinander weg.

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Quelle:
SZ vom 23.07.2016
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