Armut - Stuttgart:Wohlfahrtsverbände fordern deutlich mehr Hilfen

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Stuttgart (dpa/lsw) - Angesichts steigender Energiekosten haben Wohlfahrtsverbände in Baden-Württemberg einen landesweiten Notfallfonds gefordert. Damit könnten etwa Strom-, Wasser-, und Gassperren verhindert werden, sagte der Sprecher der Liga der freien Wohlfahrtspflege, Michael Karmann, zu der etwa Caritas, Deutsches Rotes Kreuz und Diakonie gehören. "Wir gehen davon aus, dass Haushalte mit bis zu 4000 Euro brutto deutliche Schwierigkeiten dabei haben werden, Nachzahlungen zu leisten, die im vierstelligen Bereich liegen", sagte Karmann am Montag in Stuttgart.

Laut einer Auswertung des Statistischen Landesamtes fallen im Südwesten fast ein Viertel (23,8 Prozent) der Haushalte in den Bereich der einkommensschwachen Gruppe. Das sind mehr als 2,6 Millionen Menschen - davon rund 573.000 Kinder und Jugendliche. Mit der landesweiten Aktionswoche "Armut bedroht alle" will die Landesarmutskonferenz in dieser Woche wieder stärker auf das Thema aufmerksam machen.

Die momentanen Bemühungen der Politik seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sagte Karmann. Energieversorger müssten an den Tisch geholt werden, um zu verhandeln, dass Zahlungsrückstände nicht wie sonst oft üblich in einem Rutsch erledigt werden müssten, sondern auch in Raten zahlbar seien. Strom, Gas oder Wasser wird laut Bundesnetzagentur dann abgedreht, wenn Verbraucher ihren Lieferanten den doppelten Monatsabschlag oder mindestens 100 Euro schuldig sind.

Angesichts der aktuellen Lage gebe es eine große Sprachlosigkeit, sagte Karmann. Auch Beratungsdienste hätten auf viele Fragen keine Lösungen. "Hier müssten gemeinsam Überlegungen getroffen werden", wiederholte er die Forderung von Wohlfahrtsverbänden nach einem Sozialgipfel mit Ministerien und Energieunternehmen.

Dieser Forderung erteilte das Sozialministerium eine Absage. "Wir sind im permanenten Gespräch mit allen Akteuren und nehmen das Thema Armutsbekämpfung auf allen Ebenen sehr ernst", teilte eine Sprecherin des Sozialministeriums auf Anfrage mit. Auch wenn es jetzt nicht den einen Gipfel geben werde, habe man unterschiedliche Formate, in denen man sich dem Thema in aller Ausführlichkeit annehme.

Die Sprecherin verwies auch auf das dritte Entlastungspaket des Bundes, das momentan in der konkreten Ausgestaltung sei. Die finanzielle Entlastung in Krisenzeiten könne und müsse in erster Linie bundeseinheitlich über die Regelstrukturen, also Sozialleistungssysteme, ausbezahlt werden. "Ein Flickenteppich der Länder - das haben wir während der Corona-Pandemie gelernt - kann nicht der Schlüssel zur Bewältigung nationaler Krisen sein."

© dpa-infocom, dpa:221017-99-152352/4

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