Süddeutsche Zeitung

Kolumne: die Altersweisen:Was war das beste Geschenk, das du je bekommen hast?

Emily, 19, bekam zu ihrem 18. Geburtstag ein sehr persönliches Geschenk ihres besten Freundes. Michael, 67, erinnert sich an einen ganz besonderen Mantel. Wie junge und alte Menschen die Welt sehen, erzählen sie in dieser Kolumne.

Protokolle von Niko Kappel

Emily, 19, verbringt gerade ein Jahr bei einer Gastfamilie an der amerikanischen Ostküste:

"Mein tollstes Geschenk habe ich letztes Jahr zu meinem Geburtstag bekommen. Mein bester Freund schrieb mir seine 18 Lieblingsgeschichten aus unserer Freundschaft auf. Er hat sie auf einer Schreibmaschine abgetippt und mir zu meinem 18. Geburtstag in einem schönen Ordner überreicht.

Als Kind habe ich mich über jedes Geschenk krass gefreut. Ich weiß noch, ich habe ein halbes Jahr lang darauf gewartet, dass ich mein erstes Handy bekomme. Das war in der zweiten Klasse. Das konnte aber nicht viel, es hatte nicht mal Tasten.

An meinem 18. Geburtstag haben meine Freunde wirklich abgeliefert. Sie haben bei meinen Eltern in der Garage ein ferngesteuertes Auto für mich versteckt. Dazu bekam ich noch andere Spielsachen, eine Tröte zum Beispiel. An all den Sachen hingen kleine Briefchen für mich. Meine Freunde haben all das veranstaltet, weil ich zu der Zeit in der Fahrschule war. Da war ich richtig schlecht. Ich hatte Angst, dass ich durch die Prüfung falle. Meine Freunde waren sich sicher, dass das passiert und deshalb schenkten sie mir das ferngesteuerte Auto - damit ich wenigstens irgendein Auto fahren kann. Aber, Pustekuchen! Die Fahrprüfung habe ich ein paar Wochen später bestanden."

Michael, 67, kommt aus Oberhausen im Ruhrpott und pflegt seine 93-jährige Mutter:

"Das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe, war ein Mantel. Dreiviertellang, schwarz, mit Reißverschluss. Ich sah ihn in München, dort war ich auf einer Geschäftsreise. Der Mantel passte mir perfekt, als ich ihn anprobierte. Aber er war zu teuer. Wie viel genau er gekostet hat, weiß ich nicht mehr, aber es waren mehrere Hundert Euro. Für Kleidung gebe ich eigentlich nicht so viel Geld aus.

Zu Hause erzählte ich meiner Freundin von dem schönen Mantel aus München. Dann vergaß ich ihn. Und irgendwann gab mir meine Freundin eine Schachtel, darum war Geschenkpapier. Das Papier riss ich weg, dann öffnete ich die Box. Darin war der Mantel.

Für mich ist dieses Geschenk so viel wert, weil sich da jemand, der mich liebt, wirklich Gedanken gemacht hatte. Sie wollte mir einen großen Wunsch erfüllen. Ohne irgendeinen Anlass. Ich finde es schön, wenn Menschen so etwas für dich tun wollen. In erster Linie war es also die Aufmerksamkeit, die mich an diesem Geschenk so erfreute. Aber klar, der tolle Mantel hat mir auch sehr lange Freude bereitet."

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