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Aktuell: "Für Freiheit" heißt es im Refrain. Das Lied von Shervin Hajipour wurde zum Soundtrack des Protests in Iran.

"Für Freiheit" heißt es im Refrain. Das Lied von Shervin Hajipour wurde zum Soundtrack des Protests in Iran.

(Foto: KHALED DESOUKI / AFP)

"Baraye" ist Farsi und heißt "dafür" oder "wegen". Wie der Song mit diesem Titel zum Soundtrack der Proteste in Iran wurde und was Twitter damit zu tun hat.

Von Georg Cadeggianini

Es ist ein leises Lied. Nur Klavier und Stimme. Sie gehört Shervin Hajipour, einem iranischen Sänger. Er hat sich eine Melodie gesucht, sich vor ein Mikrofon gesetzt und Sätze von Menschen eingesungen. Tweets, mit denen Leute begründen, warum sie in Iran auf die Straße gehen. Sein Lied heißt "Baraye". Das ist Farsi und heißt "dafür" oder "wegen". "Für die Sehnsucht nach einem normalen Leben, für Tanzen auf den Straßen, für Küssen ohne Angst, für Studenten und ihre Zukunft, für das Entrosten der Köpfe", singt Hajipour zum Beispiel. Das Lied wurde zum Soundtrack der Proteste in Iran. Es gibt Videos aus Teheran, in denen es laut aus Autofenstern schallt. Ein anderes zeigt singende Schülerinnen. Man sieht sie nur von hinten, sie tragen keinen Hijab, der Text des Lieds steht auf der Tafel. Vor ein paar Tagen hat die weltberühmte Band Coldplay den Song auf ihrer Tour gespielt. "Für Frauen, Leben, Freiheit", heißt es im Refrain. Etwa 15 000 Menschen kamen seit Protestbeginn vor zwei Monaten in iranische Gefängnisse. Ihnen drohen harte Strafen. Vergangene Woche wurde der Rapper Saman Yasin zum Tode verurteilt. Auch Hajipour wurde inhaftiert, aber nach ein paar Tagen gegen eine Geldzahlung entlassen. Auf Instagram distanzierte er sich von seinem Lied. Er habe das alles nicht so gemeint, nicht so politisch. Beobachter sind sich sicher, dass er dazu gezwungen wurde - so wie viele andere auch. Einige fordern nun die Liedzeile "wegen erzwungener Instagramstorys" in den Song "Baraye" aufzunehmen.

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