Süddeutsche Zeitung

Aktuell:Trump gegen Twitter

Twitter ist Donald Trumps liebstes Sprachrohr. Doch jetzt wirft er mit wüsten Drohungen gegen den Kurznachrichtendienst um sich. Was ist passiert?

Von Nina Himmer

Eigentlich ist es eine Liebesgeschichte: US-Präsident Donald Trump folgen auf Twitter rund 80 Millionen Menschen. Ihnen verkündet er täglich seine Botschaften, gerne in Großbuchstaben und mit vielen Ausrufezeichen. Kein anderer Politiker nutzt den Kurznachrichtendienst so versessen wie er - gerne auch mal für Drohungen, Beleidigungen und Beschimpfungen. Über 52 000 Tweets hat er über sein Konto bereits verschickt, viele davon enthalten - vorsichtig ausgedrückt - irreführende Informationen. Bisher ließ Twitter das unkommentiert. Bis jetzt: Nachdem Trump in zwei Beiträgen behauptete, dass Briefwahlen im Grunde nichts anderes seien als Wahlbetrug, versah Twitter diese mit einem Hinweis. "Holen Sie sich hier die Fakten über Briefwahlzettel." Wer darauf klickt, bekommt eine Art Faktencheck. Das Ergebnis: Trumps Behauptung ist völliger Quatsch. Nun ist Trump wütend und hat damit gedroht, Twitter zu schließen - auf Twitter natürlich. Dass er damit durchkommt, ist extrem unwahrscheinlich. Und wahrscheinlich auch gar nicht sein Ziel: Trump braucht Twitter nämlich, um bei seinen Anhängern für sich zu werben. Schließlich wird im November gewählt - und gerade liegt Trump in Umfragen hinter seinem Konkurrenten Joe Biden zurück. Der Hauptgrund dafür ist sein Versagen in der Corona-Krise. Mit mehr als 100 000 Toten sind die USA das Land mit der traurigsten Statistik. Dass nun alle über seinen Streit mit Twitter reden, kommt ihm da gerade recht - denn es lenkt von echten Problemen ab.

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Quelle:
SZ vom 30.05.2020
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