Aktuell:Tropfen auf dem heißen Dach

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Express-Duschen und Händewaschen nur im Drecksfall - weil es in Südafrika so lange nicht mehr geregnet hat, spart Lyla, 10, aus Kapstadt seit Wochen sehr viel Wasser.

Protokoll von Silke Stuck

"Ich habe einen Vorteil: Im Duschen war ich schon immer rasend schnell. Weil ich es nicht mag. Nassmachen, Dusche aus. Körper einseifen. Dusche an. Abspülen. Dusche aus. Zwei Minuten. Für mich war es diesen Sommer (bei uns in Afrika ist gerade Sommer!) also keine große Umstellung. Anfang des Jahres hat die Stadtverwaltung verkündet, dass jeder, der in Kapstadt lebt, Wasser sparen muss. Es hatte in den vergangenen Wintern viel zu wenig geregnet, die Wasserspeicher waren leer. Wenn man auf der Autobahn fährt, sieht man Leuchtschilder, die auf den "Day Zero", den "Tag null" aufmerksam machen. Damit ist der Tag gemeint, an dem alles Wasser in der Region verbraucht ist. Diese Vorstellung finde ich ziemlich angsteinflößend. Von November bis Januar stand da der 12. Mai. Jetzt haben wir offenbar in Kapstadt so gut Wasser gespart, dass die Bürgermeisterin den Tag nach hinten verschoben hat, auf den 9. Juli. Wenn wir Glück haben, beginnt da bei uns der Winter. Es wird nicht kalt, aber es regnet mehr. Hoffentlich.

Bis dahin darf jeder Kapstädter nur 50 Liter Wasser am Tag verbrauchen. Wer mehr Wasser will, muss deutlich mehr bezahlen.

In unserem Garten ist der Rasen komplett braun, wir gießen seit Monaten nicht mehr. Aber es gibt ein paar Pflanzen, die mit erstaunlich wenig Wasser auskommen. Allerdings ist unser Haus nicht weit vom Meer entfernt, da bekommen sie vielleicht Feuchtigkeit her.

Meine Eltern, mein Bruder und ich benutzen nur noch eine Toilette. Alles "grey water", also Schmutzwasser, fangen wir auf: beim Duschen, beim Wäsche waschen. Wir tragen es in Eimern durchs Haus und spülen damit auf der Toilette. Wie viele andere Kapstädter bauen wir gerade um. Damit man nicht ständig Eimer schleppen muss. In Zukunft wird das Schmutzwasser von Dusche und Waschmaschine direkt zur Toilettenspülung geleitet.

Im Garten stehen zwei riesige Wassercontainer für Regenwasser. Immerhin hat es an den letzten Wochenenden ein paar Stunden lang genieselt. Ich habe selten das Geräusch von Tropfen auf dem Dach so gern gehört. Das Regenwasser vom Garagendach leiten wir in das Schwimmbecken.

"Andere Länder können sich ruhig was von uns abschauen."

Meine Eltern sagen, das Wasserproblem sei aber auch durch die Politiker entstanden. Die hätten nicht darauf reagiert, dass immer mehr Menschen in die Stadt gezogen sind, dass neue Siedlungen entstanden sind und auch mehr Firmen.

In der Schule sprechen wir viel über das Thema. Der Schwimmunterricht wurde gestrichen. Wir benutzen den Schul-Pool als Reserve für die Toilettenspülungen. Schultoiletten sind nie so richtig appetitlich, aber momentan ist es extrem. Da sind Plakate aufgehängt: 'If its yellow, let it mellow// if its brown, flush it down.' Das bedeutet etwa: 'Wenn es gelb ist, lass es schwimmen, wenn es braun ist, spül es runter.' Hände sollen wir nur waschen, wenn sie richtig schmutzig sind, ansonsten benutzen wir Desinfektionsgel.

Manchmal spielt die Schulleitung statt der Pausenklingel ein Lied: 'If you save water, you're going to be a hero//Let's be a watersaver ...' Wir singen dann alle mit: 'Wenn du Wasser sparst, bist du ein Held // Lasst uns alle Wassersparer sein.'

Den meisten, die ich kenne, fällt es gar nicht so schwer, weniger Wasser zu verbrauchen. Wir wissen jetzt alle, dass es etwas Wertvolles ist, was man nicht einfach in den Abfluss laufen lässt. Ich finde, auch andere Länder könnten sich von uns etwas abschauen, selbst wenn bei ihnen keine Wasserknappheit herrscht.

Mein Bruder hat jemanden im Fitness-Studio angesprochen, der beim Zähneputzen das Wasser laufen ließ. Dass mein Bruder sich da eingemischt hat, fand ich mutig. Denn es war ein Erwachsener.

Unser Trinkwasser holen wir immer von einer Quelle nahe dem Tafelbergs, etwa 15 Kilometer von uns entfernt. Jetzt fährt mein Vater da mit vier 25-Liter-Kanistern hin. Er erzählt, dass sich dort mittlerweile lange Schlangen bilden. Auch die Polizei muss manchmal anrücken. Es gibt Konflikte, weil manche da mit großen Kanisterwagen vorfahren, Wasser abfüllen und ein paar Kilometer weiter weg teuer verkaufen. Traurig, dass manche aus der Not ein Geschäft machen."

© SZ vom 03.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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