Aktuell :Massenproteste

Der Protest gegen die Justizreform bringt Zehntausende Menschen auf die Straße. Hier demonstrieren Veteranen des Militärs. (Foto: JACK GUEZ / AFP)

Seit Wochen gehen Zehntausende Menschen in Israel auf die Straße. Sie fordern, die geplante Justizreform zu stoppen. Was macht sie so wütend?

Von Nina Himmer

Wenn das doch nur ein Aprilscherz wäre: In Israel plant die Regierung eine Justizreform auf Kosten der Demokratie. Die Gesetzesänderung soll das Höchste Gericht schwächen und dafür der Regierung mehr Macht geben. Zum Beispiel soll das Parlament künftig mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Gerichts aufheben können. Außerdem soll die Regierung bei der Ernennung von Richtern mehr Mitspracherecht bekommen. So ist das in einer Demokratie mit Gewaltenteilung eigentlich nicht gedacht: Eine unabhängige Justiz soll ja gerade die rechtsstaatliche Kontrolle der Politik sicherstellen. Pikantes Detail: Durch die Reform könnte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vor einer Gefängnisstrafe schützen. Gegen ihn laufen gerade Strafverfahren, auch wegen Korruption. Die einzig gute Nachricht an der Sache ist: Viele Menschen in Israel wehren sich und kämpfen für ihre Demokratie. Seit Wochen gehen sie auf die Straße, streiken und fordern einen Stopp der Reform. Am Wochenende erreichten die Proteste einen neuen Höhepunkt, nachdem Netanjahu den Verteidigungsminister, der die Reform kritisiert hatte, entlassen hat. Zehntausende protestierten, die Gewerkschaften drohten mit einem Generalstreik, Universitäten schlossen, Bürgermeister traten in den Hungerstreik, Reservisten verweigerten den Dienst bei der Armee. Am Montag lenkte Netanjahu dann ein und verschob die Reform. Kritiker befürchten aber, dass er nur auf Zeit spielt und nicht von den Plänen abrückt.

© SZ vom 01.04.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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