Afrika:Todesursache Ärztemangel

Überarbeitet, unterbezahlt und desillusioniert: Wegen der miserablen Bedingungen kehren viele medizinische Fachkräfte dem Kontinent den Rücken - mit katastrophalen Folgen für viele HIV-Patienten.

Es sind immer neue Probleme, die den Kampf gegen Aids in Afrika behindern: Zwar gibt es inzwischen durch Patentabkommen mehr HIV-Medikamente, doch nun fehlt das Personal, die Erkrankten zu versorgen. Dies geht aus einem Bericht der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" hervor.

Afrika: In Ländern wie Malawi kommen auf 100.000 Patienten zwei Ärzte

In Ländern wie Malawi kommen auf 100.000 Patienten zwei Ärzte

(Foto: Foto: AP)

"Ich muss 75 bis 100 Patienten pro Tag behandeln, die Leute stehen manchmal stundenlang an. Gestern war ich sogar ohne medizinischen Assistenten", wird in dem Report Loveness Makeyi aus Malawi zitiert. Wohlgemerkt: Sie ist keine Ärztin, sondern Krankenschwester.

Malawi ist ein bitteres Beispiel für die katastrophale medizinische Versorgung in den Regionen des Kontinents, die am schwesten von HIV betroffen sind. Im Land leben 14,1 Prozent der Erwachsenen mit dem HI-Virus.

Von den 940.000 Infizierten benötigen 170.000 Medikamente für die antiretrovirale Therapie. Trotz der verbesserten Versorgung kann von den Betroffenen bislang nur jeder zweite versorgt werden. Verantwortlich dafür ist ein Mangel an Ärzten und Pflegern.

So liegt laut der Weltgesundheitsorganisation WHO das medizinische Versorgungsminimum bei 20 Ärzten pro 100.000 Patienten. In Malawi sind es dem Bericht zufolge gerade einmal zwei. Zum Vergleich: In den USA stehen 247 zur Verfügung.

Die schlechten Arbeitsbedingungen haben in vielen armen Regionen zu einem regelrechten Brain Drain von Medizinern gesorgt. In dem Report klagt eine 70-jährige Krankenschwester aus dem Königreich Lesotho, einer Enklave in Südafrika, ihr Leid: "Ich bin die einzige Schwester hier. Wenn ich irgendwo anders hin muss, bleibt die Klinik geschlossen. Die meisten meiner Kolleginnen sind nach Großbritannien oder Südafrika gegangen. Wenn ich jünger wäre, wäre ich auch schon weg."

Eine andere Zahl macht das Problem noch deutlicher: Im Jahre 2005 schlossen 44 malawische Krankenschwestern ihre Ausbildung erfolgreich ab. Im gleichen Zeitraum jedoch kehrten 86 ihrem Land den Rücken.

Weil das Fachpersonal fehlt, übernimmt oft das Pflegepersonal Aufgaben, für das es nicht qualifiziert ist. Das muss nicht immer schlecht sein. So fordern die Mediziner in dem Bericht, das Pflegepersonal müsse selbständig Aids-Medikamente verschreiben dürfen. Nur so könnte gewährleistet werden, dass den Infizierten flächendeckend geholfen werden kann.

In dem Dokument wird auch ein Umdenken in der Verteilung der Hilfsmittel gefordert. Spender würden zwar oftmals Krankenhausneubauten finanzieren und Aids-Medikamente sponsern. Allerdings werde dabei oft vergessen, dass für die Versorgung der Menschen auch qualifiziertes Personal nötig ist.

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