Abgebrochenes Konzert:Justin Bieber und das Elend in der ersten Reihe

2015 Billboard Hot 100 Music Festival - Day 2

Der ersten Reihe mangelt es oft an Manieren.

(Foto: Scott Roth/AP Images)

Das Pop-Bürscherl bricht ein Konzert ab, weil die Zuschauer nicht hören wollen. Egozentrik! Aber wie hätte er auf die zappelnden Selbstdarsteller im Publikum reagieren sollen?

Von Martin Zips

Der österreichische Pianist Friedrich Gulda (1930-2000) machte einst dadurch von sich reden, dass er ein paar junge Leute, die vergeblich um Karten für eines seiner Konzerte angestanden hatten, zu sich auf die Bühne bat. Wenn sie wollten, sagte Gulda, dürften sie nun hinter seinem Konzertflügel am Boden Platz nehmen und umsonst zuhören. Eine Provokation für all jene, die viel Geld für ihre Karte bezahlt hatten.

Doch Gulda steigerte die Frechheit noch, indem er sich nach jedem Stück allein vor seinen Gratis-Zuhörern verneigte, der ersten Reihe aber seinen Hintern entgegenstreckte. Als die oberste Preiskategorie daraufhin in säuerlicher Einmütigkeit den Saal verließ, lächelte der Pianist und sagte: "Sie sehen, liebe Freunde, da unten sind endlich ein paar Plätze für Sie freigeworden."

Guldas sozialkritischer Ansatz ist deutlich erfrischender als der des Pop-Bürscherls Justin Bieber, welches jetzt seine Show in Oslo unverhofft beendete. "Die Leute in der ersten Reihe haben mir nicht zugehört", beklagte er sich nach nur einem Lied. Das ist nicht Sozialkritik. Das ist Egozentrik. Wobei eines schon stimmt: Was da so manchmal in der ersten Reihe sitzt oder steht - das graust schon der Sau. Da mag zwar genügend Geld für den Kartenkauf vorhanden gewesen sein, aber an Manieren mangelt es.

Da wird gezappelt und gejohlt, weil's auch um die Inszenierung der eigenen Person geht, nicht nur um die Darbietung auf der Bühne. Der Künstler hat es da gar nicht leicht. Aber - wegrennen? Nächstes Mal, Justin, da holst du dir einfach ein paar Leute von der Straße auf die Bühne, verneigst dich nur vor ihnen, und legst die absolut fantastische CD "Gulda Plays Bach" auf. Diejenigen, die dann trotzdem noch bei dir im Konzert bleiben, die haben dich wirklich lieb.

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