Suspendierter Dior-Designer Galliano:Ende des Mode-Piraten?

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Jetzt geht Galliano in die Offensive: Der suspendierte Dior-Designer bestreitet die Antisemitismus-Vorwürfe und klagt seinerseits wegen Diffamierung. Doch in Modekreisen munkelt man, dass Dior der Vorfall ganz gelegen komme.

Peter Bäldle

Die Nachricht von der Suspendierung des Dior-Designers John Galliano hat am Freitag bei den in Mailand versammelten Modemenschen Bestürzung hervorgerufen. Regelrecht entsetzt sind all jene, die den Designer persönlich kennen. Suzy Menkes, Modekritikerin der Herald Tribune, findet die Nachricht "schrecklich - auch, weil man von hier aus nichts tun kann und nichts anderes erfährt als das, was offiziell bekannt ist".

Bekannt für seine exzentrischen Auftritte: Der 50-jährige Galliano ist seit jeher eine schillernde Figur, die polarisiert. (Foto: Francois Guillot/AFP)

Offiziell bekannt ist, dass es am Donnerstagabend in einem Lokal im Pariser Marais-Viertel zum Streit kam zwischen Galliano und einem Paar, das sich durch den Modeschöpfer offenbar gestört fühlte. Böse Worte seien gefallen, behauptete das aufgebrachte Paar später im Rundfunk: "Dreckiges Judengesicht, du solltest tot sein!", soll er demnach gepöbelt haben, um nachzusetzen: "Verdammter asiatischer Bastard, dich bring ich um!"

Galliano, dem später auf der Polizeiwache ein Alkoholpegel von 1,1 Promille nachgewiesen wurde, ließ das über seinen Anwalt zurückweisen. Er habe das Paar selbst wegen Diffamierung und Beleidigung verklagt, berichtete am Sonntag die französische Zeitung Journal du Dimanche. Die Polizei hat nach den Informationen des Blattes für diesen Montag eine Gegenüberstellung von Galliano und dem Paar organisiert, das seinerseits Klage eingereicht hat. Der Schaden wird allerdings so schnell nicht wieder gutzumachen sein, weder für das Haus Christian Dior, noch für John Galliano.

Der 50-jährige Brite ist seit jeher eine schillernde Figur, die mit Begeisterung polarisiert. In der Branche weiß man aber auch, dass sich hinter den exzentrischen Auftritten und Kostümierungen ein sensibler und verletzlicher Künstler verbirgt. Noch steht Aussage gegen Aussage. Dior-Chef Sidney Toledano ließ vorab bereits erklären, dass das Modehaus an seiner Null-Toleranz-Politik gegenüber jeglichen rassistischen und antisemitischen Äußerungen festhalten werde. Man habe Galliano von allen Aufgaben entbunden, bis die Untersuchungsergebnisse vorlägen. Was das für die Kollektion bedeutet, die in einer Woche in Paris gezeigt werden soll, weiß derzeit keiner.

In Modekreisen munkelt man allerdings nicht nur hinter vorgehaltener Hand, dass Dior der Vorfall durchaus gelegen komme, um die Ära Galliano nach 16 Jahren zu beenden. 16 Jahre mit einer einzigen Handschrift, das ist auch aus der Sicht eines Traditionshauses eine ziemlich lange Zeit.

© SZ vom 28.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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