Schön doof:Kommt nicht in die Tüte

Weed Sommelier

Illustration: Bene Rohlmann

Wein, Bier, Wasser: Für alles gibt es Experten. Fehlte nur noch der Marihuana-Sommelier. Susan Vahabzadeh findet das ziemlich albern.

Wein, Bier, Wasser: Für alles gibt es Experten. Fehlte nur noch der Marihuana-Sommelier. Susan Vahabzadeh findet das ziemlich albern.

Ob es wohl immer schon diese Begriffs-Inflation gab, jenes Phänomen, dem wir es zu verdanken haben, dass Worte, Bezeichnungen, gar Silben in Mode geraten, bis sie am Ende als Etikett für die unterschiedlichsten Dinge herhalten müssen? Von Watergate bis Nipplegate? Brexit, Grexit, Frexit? Der derzeitige It-Beruf ist der Sommelier. Die Menschheit braucht nicht nur beim Wein Beratung, sondern für so ziemlich alles, was sie in den Mund nimmt.

Es gibt bereits Brot-Sommeliers, die ganz genau wissen, welcher Käse wo drauf liegen sollte; Bier-Sommeliers, denen sonnenklar ist, dass man kein Pils zum Gulasch trinkt; und Mineralwasser-Sommeliers - wer glaubt, er könne einfach jedes beliebige Wasser zu Geflügel trinken, ist eben kein Gourmet. Das ist tatsächlich ein Ausbildungsberuf, den Namen hat sich der Handelsverband für Heil- und Mineralwasser schützen lassen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis es endlich auch Marihuana-Sommeliers gibt, die dem zahlenden Gast fachkundig zur Seite stehen, wenn er sich entscheiden soll, welches Gras zum Fisch passt.

In manchen Staaten der USA wurde Marihuana in den letzten Jahren legalisiert, und da ist doch die gezielte Vermarktung naheliegend. Einer der Pioniere unter den "Weed Sommeliers" ist ein Mann namens Philip Wolf, den unlängst der Guardian porträtierte. Wolf hat in Colorado ein Unternehmen namens Cultivating Spirits gegründet und bezeichnet sich als "zertifizierter" Gras-Sommelier, es ist aber ungeklärt, wer ihm dieses Zertifikat eigentlich ausgestellt hat. Und in welcher Verfassung. Wolfe hält Seminare ab, bei denen man für 125 schlappe Dollar lernt, wie man zum Essen richtig raucht. Dazu gehört erweitertes Besteck - Gabel, Messer, Glaspfeife. Wolfe arbeitet an einer ganzen Hanf-basierten Industrie, seine erste bekiffte Hochzeit hat er schon organisiert.

Wie man sich das vorstellen muss? Aus Hanf hergestellte Rauschmittel, sagt er, entwickeln sehr unterschiedliche Geschmacksrichtungen. Die Sorte Cherry Blossom Kush schmecke nach Kirschen und Nuss und passe zum Dessert. Geraucht wird vorher. Vor einem Heilbutt in Pistazienkruste empfiehlt Wolfe einen schnöden Afghanen. Könnte auch so sein: Der Fisch ist unter seiner Kruste ein Desaster und hat sein Verfallsdatum längst überschritten und kommt einem nach ein paar beherzten Zügen aus der Glaspfeife einfach nur vor wie eine Köstlichkeit. Wir empfehlen zum Heilbutt jedenfalls weiterhin einen halbwegs klaren Kopf.

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