Arrangierte Ehen:Ihr heiratet, keine Widerrede!

Arrangierte Ehen: Was, wenn die Eltern vorschlagen, wen man heiraten soll?

Was, wenn die Eltern vorschlagen, wen man heiraten soll?

(Foto: Tiko Aramyan - Fotolia)

Der Vater hat ihr vor 30 Jahren den Ehemann ausgesucht. Heute sagt Hanni Schwarz: Das war gut so. Über arrangierte Ehen - und was sich daraus für moderne Beziehungen lernen lässt.

Von Lea Hampel

Es scheint ein antiquierter Gedanke: Was, wenn die Eltern vorschlagen, wen man heiraten, mit wem man alt werden soll? Die Idee wird mit der Zwangsehe assoziiert, die meisten würden sich in ihrer Freiheit beschnitten fühlen. Schließlich lernen wir heute von Kleinauf, dass wir selbst wissen müssen, was am besten für uns ist.

Nur: So abwegig ist der Gedanke möglicherweise nicht. Hanni Schwarz jedenfalls kommt sich, wenn sie ihre Freundinnen anschaut, manchmal wie die glücklichste Ehefrau der Welt vor. Dabei sah es danach wirklich nicht aus, als ihr Vater ihr vor bald 30 Jahren einen jungen Mann aus der orthodoxen jüdischen Gemeinde vorschlug, der die Familie angehörte. Sie war damals in Ausbildung, arbeitete bereits ein wenig; dass sie eines Tages heiraten würde, war klar, aber der Zeitpunkt schien noch weit weg. "Ich dachte, ich habe noch Zeit, mein Leben sei perfekt. Ein Mann war nicht auf meiner Agenda", erzählt die Frau, die Perücke und ein hochgeschlossenes schwarzes Kleid trägt.

Doch bevor sie sich damals für die Ehe entscheidet, überlegt sie sich, was ihr an einem Partner wichtig ist, bespricht Grundsatzfragen mit dem potenziellen Gatten. Genau solche Dinge kommen heute bei Liebesheiraten zu kurz, finden viele Beziehungsforscher und Paarberater - wir haben Ideale im Kopf, von Menschen und Beziehungen, und die sollen dann Ehe und Partner erfüllen. Statt Liebe als gemeinsame Entwicklung zu sehen, sagt die Münchner Paarberaterin Sandra Neumayr, sähen "viele ihren Partner wie eine Fertigsuppe, die sie nur noch umrühren und würzen müssen."

Wenn Sudhanshu Kapoor von seiner Ehe erzählt, fällt oft der Ausdruck "expectation management". Der 32-Jährige ist seit drei Jahren verheiratet. Obwohl er seit Jahren in Deutschland lebt, haben ihn seine Eltern schließlich überzeugt, eine indische Frau zu heiraten, die heute mit ihm in München lebt. Bis heute streiten die beiden viel, gleichzeitig erzählt der junge Mann, dass er sich sehr sicher ist, dass seine Frau immer verstehen wird, welche Bedeutung seine Familie für ihn hat. Bei einer Frau aus einer anderen Kultur wäre er sich da nicht so sicher.

Ist mehr Ratio also die Antwort auf die hohen Scheidungsraten? Nicht unbedingt. Aber sie kann helfen, die eigene Wahl genauer zu überprüfen. Was das Konzept von arrangierten Ehen mit Onlinedating gemein hat, warum Hanni Schwarz sagt, dass ihre Ehe erst nach drei Jahren wirklich froh war und was die Wissenschaft über arrangierte Ehen herausgefunden hat, lesen Sie hier.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: