Süddeutsche Zeitung

Zum Tod von Hellmut Lange:Wenn ich mal Krach mache

Indianergeschichten, Edgar-Wallace-Filme und ein wildes Spektrum an Krimi-Einsätzen: Hellmut Lange, der Mann mit dem narbigen Gesicht, war ein ziemlich cooler Typ. Nun ist er im Alter von 87 Jahren verstorben.

Fritz Göttler

Der Mann war, so würde man das heute nennen, ein richtig cooler Typ. So hat das auch, in einem der aufregendsten Filme, in denen er mitspielte, die Hauptfigur gesehen - Hellmut Lange agierte als sein Leibdiener: "Seht euch mal hier meinen Krause an, den kann eigentlich nichts erschüttern. Wenn ich mal Krach mache, hat er ein kleines ironisches Lächeln für mich oder guckt mich mit einer ganz unschuldsvollen Miene an und denkt sich sicher sonstwas. Dem seine Ruhe möchte ich mal fünf Minuten haben."

Hellmut Langes Ruhe konnte man erleben am Marterpfahl der Huronen, in den Lederstrumpf Erzählungen, 1969, einem der großen und liebevoll gestalteten Vierteiler des ZDF, die Leute über Nacht zu Stars machen konnten, Raimund Harmstorf als Seewolf zum Beispiel. Hellmut Lange war zur Zeit des Lederstrumpf bereits berühmt, mit seinem narbigen Gesicht, seiner stählernen, leicht nasalen Stimme, die auf Distanz hielt, ihn vor falscher Sentimentalität bewahrte. Diese einzelgängerische Noblesse. Er hatte sich durch ein wildes Spektrum an Krimi-Einsätzen gedient, in Kino und Fernsehen: Stahlnetz, Der Fälscher von London (Edgar Wallace), Das Halstuch, ein Durbridge-Mehrteiler (damals, Anfang der Sechziger berüchtigt als Straßenfeger, "durch den das deutsche Kulturleben zum Erliegen gebracht wurde"), Das Nest der gelben Viper, ein bunter Eurothriller, in Kapstadt gedreht, 4 Schlüssel (Regie: Jürgen Roland), John Klings Abenteuer, eine Vorabendkrimiserie.

Für einen der zahlreichen Karl-May-Filme ist er nie verpflichtet worden, vielleicht hat der Lederstrumpf in dieser Hinsicht etwas kompensieren können. Nach dem Lederstrumpf hat er sich auch auf Synchronarbeit konzentriert, Charlton Heston, James Coburn, Donald Sutherland, Roy Scheider seine Stimme geliehen. In den Siebzigern moderierte er jahrelang die Sendung Kennen Sie Kino, und man nahm ihm das Interesse ab, die Liebe zum Kino war unprätentiös und echt - nie ist das deutsche Fernsehen cinephiler gewesen.

Engagiert war er in seiner ersten großen Rolle, 1960, in Waldhausstraße 20. Da spielte er einen schwedischen Pfarrer, der in der Nazizeit in seiner Kirche Juden versteckte. Im letzten Film war er ein Richter, der den Unfall einer Fähre untersuchte, Fähre in den Tod, von Heiner Carow. Hellmut Lange mochte die Sensibilität, mit der die Filmemacher aus der einstigen DDR sich ihren Geschichten näherten, er hätte gern auch mit Konrad Wolf gedreht. 1977 war er in einem der verrücktesten Projekte des jungen deutschen Kinos dabei, Hans-Jürgen Syberbergs Hitler. Er ist des Führers Leibdiener Krause, geht durch die übergroßen Korridore und Räume der Reichskanzlei und erzählt von Hitlers Kinoabenden, den Milch-Schoko-Zwieback-Frühstücken, den schaurig schlottrigen Kleidern. Und berichtet von Lob, für seine Unerschütterlichkeit. Am 13.Januar ist Hellmut Lange im Alter von 87 Jahren in Berlin gestorben.

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SZ vom 25.01.2011/kar
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