"Ein Meister der Architektur, von Kollegen aus aller Welt bewundert": Peter Zumthor ist bekannt für wegweisende Entwürfe wie die Therme Vals und sein Gespür für Materialien. Dem Schweizer liegt das Gestalten im Blut, auch wenn nicht jedes Projekt gelang. Mit 70 ist er ruhiger geworden - und vermietet eigens designte Holzhäuser in Graubünden. Peter Zumthor liegt das Gestalten im Blut: Am 26. April 1943 wurde er als Sohn eines Möbelschreiners in Basel geboren. Beim Vater machte er seine erste Ausbildung. Danach studierte er Innenarchitektur und Design an der Kunstgewerbeschule Basel sowie Architektur und Industrial Design am renommierten Pratt Institute in New York. Zehn Jahre lang war Zumthor Mitarbeiter der Denkmalpflege seines Wohnkantons Graubünden in Chur, bis er 1978 seinen ersten Lehrauftrag an der Universität Zürich antrat. Es folgten Berufungen an Universitäten, so in den späten achtziger Jahren Gastprofessuren am Southern California Institute of Architecture in Santa Monica und an der Technischen Universität München.
Neben Aufträgen an Universitäten war der Schweizer Architekt an internationalen Großprojekten beteiligt, gewann hoch dotierte Branchenwettbewerbe und Architekturpreise. Seit 1979 führt er sein eigenes Architekturbüro in Haldenstein in Graubünden. Das Bild zeigt das von Zumthor entworfene Kunsthaus Bregenz (KUB). Es beherbergt über 300 seiner Architekturmodelle, die seit einer Einzelausstellung 2007 vom KUB archiviert werden und sowohl realisierte als auch nicht gebaute Projekte zeigen.
Die Therme Vals ist so etwas wie die heilige Tempelanlage unter den Bädern. 1992 entwarf Zumthor die Therme im, besonders als Wintersporteregion bekannten, Graubündnerischen Vals. Der Entwurf wurde von 1992-1996 umgesetzt, das Gebäude bereits 1998 unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Zumthor verwendete geschichteten Valser Stein, ein elegant grauer Quarzit, der im Dorf alle Häuser und Ställe bedeckt. Die Elemente Stein und Wasser wollte der Architekt hier körperlich erfahrbar machen. So begibt sich der Besucher etwa direkt am Eingang in eine Klanginstallation mit plätschernden, rinnenden, tropfenden und glucksenden Wassergeräuschen. Auch das Hotel neben der Therme hat er mitgestaltet: So tragen der Rote Saal, die Blaue Halle, die Provisorien und die Stucco-Zimmer Peter Zumthors Handschrift. Entstanden ist "ein unkonventioneller Mix von bestehenden Gebäuden und neuem architektonischen Schaffen", so das Hotel. 2012 entbrannte allerdings ein heftiger Streit um den Verkauf der Therme, den auch Zumthor selber befeuerte.
Streit gab es auch um das NS-Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" in Berlin, das auf dem Prinz-Albrecht-Gelände, dem früheren Sitz von Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt, entstehen sollte. Jahrelang lag es als "namenloser Ort" brach, bis 1993 ein internationaler Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben wurde, den Zumthor gewann. Ziel war ein Gebäude mit Ausstellungshalle, Besucher- und Dokumentations- und Begegnungszentrum zugleich. Der Entwurf des Schweizer Architekten sah eine abstrakte Gebäudehülle aus Betonbalken-Tragewerk und Industrieglas vor. Doch der Konkurs verschiedener Baufirmen und fertigungstechnische Schwierigkeiten verursachten derartige Mehrkosten, dass das Projekt Jahre später, im Mai 2004, gestrichen wurde. Die bereits erstellten Treppentürme wurden abgerissen. 2005 wurde erneut ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, den die Architektin Ursula Wilms gewann. Das Bild zeigt das Außengelände des Zentrums, auf dem die übrig gebliebenen Mauern des Geheimen Staatspolizeiamtes unter einer Glaskonstruktion gewahrt bleiben. 2010 öffnete das Zentrum dann endlich.
Diese Holzkonstruktion ist das Modell des Schweizer Pavillons "Klangkörper Schweiz" für die Expo 2000 in Hannover. Zumthor entwarf und baute das Projekt ab 1997 für 18 Millionen Franken. Von außen sah der Pavillon für Besucher der Expo zwar wenig spektakulär aus, doch ...
... von innen offenbarte er einen architektonischen Höhepunkt der Weltausstellung - und das ganz ohne Spielereien und schmückendes Beiwerk. Sieben Meter hoch türmten sich Lärchenhölzer, bildeten Gänge und kleine Inseln. Parallel oder im rechten Winkel angeordnet, erzeugten die einzelnen Holzstabel ein großes Labyrinth und luden zum Verweilen ein. Scheinbar disharmonisch tönten Akkordeon oder Zither durch die Gänge. Doch nichts war zufällig, sondern alles genau ausgeklügelt. Im Bild: Peter Zumthor (zweiter von rechts) betrachtet seinen Pavillon zusammen mit Expo-Generalkommissarin Birgit Breuel (rechts) und anderen Verantwortlichen der Weltausstellung.
Für seine Arbeit erhielt Zumthor viele Preise, vor allem in Deutschland. So wurde ihm 1996 der Erich-Schelling-Architekturpreis verliehen. Begründung: "Baukunst als Konzentration auf den Kern der Aufgabe und die Eigenart des Materials ist bei ihm Programm". Auf dem Bild ist Zumthor mit dem Präsidenten der Hyatt Foundation Thomas J. Pritzker zu sehen, dem Namensgeber für den weltweit renommiertesten Pritzker-Preis. 2009 erhielt Zumthor ihn für sein Lebenswerk, von der Jury wie folgt begründet: "Peter Zumthor ist ein Meister der Architektur, von Kollegen aus aller Welt bewundert für Werke, die fokussiert, kompromisslos und außergewöhnlich bestimmend sind". Im vergangenen Jahr wurde Zumthor zudem die Royal Gold Medal des Royal Institute of British Architects verliehen. Mit der Medaille werden nicht Gebäude, sondern einzelne Personen oder Gruppen geehrt, deren bisheriges Lebenswerk einen wesentlichen Beitrag zur internationalen Architektur darstellt.
Zumthors größtes Projekt in der jüngeren Zeit war die Planung und Realisierung des Serpentine Gallery Pavilion. Die Kunstgalerie in den Kensington Gardens im Zentrum Londons stellt insbesondere moderne und zeitgenössische Kunst aus. Seit 2000 sucht sie jährlich einen Architekten aus, der einen Pavillon für die Sommerzeit entwerfen soll. 2011 erhielt der Schweizer den Auftrag und konzipierte einen "hortus conclusus": einen Garten im Garten. Der Besucher betrat vom Rasen aus das Gebäude und den darin befindlichen zentralen Garten - und damit einen Ort fernab der städischen Geräuschkulisse Londons.
Peter Zumthor zeichnet sich vor allem durch sein Gefühl für Lichtverhältnisse und Größenordnungen aus. In der Architektenszene ist er für die feine Auswahl von Materialien bekannt - aber auch als Einzelgänger. Er ist mit Annalisa Zumthor-Cuorad verheiratet, einer Schriftstellerin von rätoromanischer Literatur, mit der er drei erwachsene Kinder hat. Seine Frau bewohnt eines von drei Holzhäusern, die das Paar im Graubündnerischen Leis zusammen gebaut hat und an Privatpersonen vermietet.