"Zombiber" im Kino:Das Böse lauert im Uferschlamm

Kaum zu fassen: Aus niedlichen Bibern sind blutrünstige Monster geworden.

DIe Tatsachen liegen auf dem Tisch: Biber sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

(Foto: Splendid Film)

Ein verseuchter See lässt harmlose Biber zu Zombies mutieren, die Jagd auf Menschen machen. Der Film "Zombiber" klingt nach Trash, spielt aber gekonnt mit dem Genre des Splatterfilms. Spaß machen nämlich nicht nur die pelzigen Monster, sondern auch die Gesellschaftskritik.

Von Doris Kuhn

Was ist das furchterregendste Tier, das man sich vorstellen kann? Natürlich. Ein Biber. Deshalb wäre den Bibern schon längst die Aufgabe zugekommen, in einem Horrorfilm mitzuwirken. Das aber haben viele Regisseure bis heute übersehen. Nur Jordan Rubin war aufmerksam. Er gibt jetzt den Bibern ihre Chance, nicht nur als Horrorfiguren, sondern mit einem viel größeren Auftritt: er macht sie zu den ersten Betroffenen im neuen Subgenre des Tierzombiefilms. Er machte "Zombiber".

Natürlich gibt es das Creature-Feature, den Tiermonsterfilm, schon seit Jahrzehnten. Darin werden bis dahin harmlose Tiere unerhört groß oder unerhört zahlreich und greifen die Menschheit an. Aber dass der niedliche, pflanzenfressende Biber plötzlich den Virus der Untoten in sich trägt, das ist neu. Er zögert zudem nicht, andere Lebewesen anzustecken, Bären beispielsweise, oder, und das wird man in "Zombiber" mitansehen, auch Menschen.

Aber zurück an den Anfang, an dem es eine kleine Einführung gibt, die erklärt, wie es soweit kommen konnte: medizinische Abfälle sind schuld. Ein Fass mit toxischem Glibber ist unbemerkt in einen See gefallen, dort wohnen Biber, schon ist das Wasser kontaminiert und der Schaden angerichtet. Da aber der See einsam liegt, mitten im tiefen Wald, bleibt die restliche Welt vorerst verschont.

Die blöden Kreaturen sind die Menschen

Der Regisseur Jordan Rubin hält sich in der Entwicklung der Geschichte so an die Genreregeln, wie sie in den 1970er Jahren festgelegt wurden: Der See wird irgendwann von denjenigen aufgesucht, die im Horrorfilm immer die Leidtragenden sind, von jungen Frauen, die hier zu dritt ein Wochenende der Ruhe verbringen wollen, "allein mit ihrer Vagina". Zwei Nächte ohne Jungs fallen ihnen dann aber mindestens so schwer wie der Verzicht auf ihre Mobiltelefone, und da finden sie es nicht so schlimm, dass ihre Freunde Eigeninitiative entwickeln und ihnen unaufgefordert nachreisen.

Diese sechs Wochenendtouristen sind außerordentlich blöde Kreaturen, aber wer eine Wette auf den ersten Toten machen möchte, sei gewarnt: Hier läuft doch manches anders, als im durchschnittlichen Splatterfilm, auch wenn nach 30 Minuten bereits der erste Fuß herrenlos im See herumtreibt. Trotzdem sind alle wichtigen Bestandteile des Genres vorhanden, die Ahnungslosigkeit, das Naturidyll, die dummen Sprüche, der Sex vor allem, der dem Horror seit den Seventies glücklicherweise beigemengt wurde. So hält man es anfangs zwar eher für eine Schnapsidee, hinter dem Originaltitel "Zombeavers" eine Anspielung auf Pornographisches zu vermuten, aber wie sich herausstellt, hat der Gedanke auch den Regisseur bewegt. Also gewährt er uns einen Blick auf das jugendliche Verständnis von Liebe und Paarungsverhalten in Zeiten sozialer Medien, und das ist von Romantik unberührt.

Mechanisch bewegte Kuscheltiere

Wer geht denn auch mit Mütze baden...

Plötzlich ist der Fuß ab: Wenn Zombiber unterwegs sind, ist kein Badegast sicher.

(Foto: Splendid Film)

Es ist tatsächlich das komplett skrupellose, von jedem Gefühl befreite Benehmen der Jugendlichen, das einen ersten Teil des Witzes in diesem Film ausmacht, viel mehr als die wilde Panik, die die Zombiber später unter ihnen auslösen. Jordan Rubin versieht sie mit so viel großstädtischer Arroganz, dass sie nach kürzester Zeit den Zombiber in uns allen wecken. Das ist zwar keine besonders coole Haltung, aber man kann es trotzdem kaum erwarten, bis die Biber klarstellen, dass man zum Leben in der Natur mehr braucht als einen Kofferraum voll Dosenbier.

Sobald die Stunde der Biber allerdings schlägt, geraten die Menschen ins Hintertreffen, inhaltlich wie formal. Jordan Rubin hatte, bei all der Notwendigkeit, die den Computertricks in diesem Genre angedichtet wird, die herausfordernde Idee, seine Biber als Puppen herzustellen. Während rundherum im Kino nur noch die CGI-Hölle tobt, werden hier also mechanisch bewegte Kuscheltiere mit blau schillernden Augen marodierend durch Teich und Ferienhaus geschickt. Das sollte reichen, um die Herzen der härtesten Horror-Crowd zu brechen. Denn was den Jugendlichen an Romantik fehlt, liefern die Biber.

Zerfressene Telefonleitungen: Zombiber gehen geschickt vor

Den aktuellen Aufschwung des Tier-Horrors initiierte 2010 die Produzentenlegende Roger Corman, der schon vor 60 Jahren solcherart Exploitation-Kino machte - damals mit Billigmonstern, heute mit Mash-Ups wie "Sharktopus" oder "Piranhaconda". Corman soll zu diesen Genre-Parodien gesagt haben, eine Kreuzung aus Hai und Oktopus überschreite die Grenze zum Schwachsinn, und genau dem steuert Regisseur Jordan Rubin entgegen. Nicht nur ist eine Zombifizierung von Bibern bequem vorstellbar, seine Zombiber benehmen sich auch sonst extrem realistisch: Sie lauern verborgen im Uferschlamm, sie verrammeln die einzige Ausfallstraße mit Dämmen, sie nagen sich durch die Holzböden ins Innere der Ferienhäuser am See, und, naja, sie beißen auch die Kabel vom Festnetz durch, damit die Außenwelt nicht alarmiert werden kann.

In dieser klugen Vorgehensweise der Biber liegt der andere Teil des Spaßes, den Rubin mit seinem Film auf die Leinwand bringt. Damit unterscheidet er sich vom "Sharknado"-Trash, der hauptsächlich mit Dämlichkeit kokettiert, mit der Unmöglichkeit dessen, was da an Ereignissen behauptet wird. Vor zehn Jahren hat Jordan Rubin noch Comedy-Serien fürs Fernsehen geschrieben, seither schreibt er Moderationstexte für die MTV-Awards. In beiden Jobs wird er gelernt haben, dass es nicht unbedingt um die Wahrheit gehen muss, aber ein Hauch Logik muss schon sichtbar werden, wenn man das Publikum auf Dauer zum Lachen bringen will. Das schafft er hier sogar mit Kuscheltieren.

ZOMBEAVERS, USA 2014 - Regie und Buch: Jordan Rubin. Mit Lexi Atkins, Cortney Palm, Rachel Melvin. 75 Minuten. Splendid Film.

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