Zimmer frei:Kleiderbügel im Bett

Internationale Künstler verwandeln die Gästezimmer im Hotel Mariandl in Installationen

Der Ruf als Künstlerabsteige eilte dem Chelsea Hotel in New York jahrelang voraus. Gäste wie Andy Warhol, Salvador Dalí und Jimi Hendrix gingen dort ein und aus, manch einer bezahlte die Übernachtung mit Bildern. Genau dieses kreativ-leichtfüßige Flair bemühen sich die Organisatoren des Projekts "Zimmer frei" jeden Herbst nach München zu bringen; dann nämlich verwandelt sich das Hotel Mariandl in der Goethestraße in ein begehbares Gesamtkunstwerk.

Der Hotelbetrieb geht auf den anderen Etagen regulär weiter, das ist zentraler Teil des Konzepts - und wird bereits bei der Eröffnung des Projekts im Café am Beethovenplatz konsequent umgesetzt: Fast wären die Begrüßungsworte von Stadtrat Florian Roth und die Einführung durch Dieter Rehm, dem Präsidenten der Akademie der Bildenden Künste München, vollständig in den Unterhaltungen der Cafégäste untergegangen, hätte nicht das Mikrofon mit schrillen Pfeiftönen immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt.

Jedes der zwölf von insgesamt 14 Künstlern individuell gestalteten Gästezimmer wirkt wie ein Universum für sich: Mal krabbeln Kleiderbügel-Konstruktionen die Stirnseite eines Bettes hinauf, dann wieder ragt ein Vulkan aus gehäuften Bettlaken hoch bis zum Kronleuchter, oder eine gelbe Klebezettelbahn zieht sich an der Wand entlang bis zu den Vorhängen. In Zimmer 13 kleben Aufnahmen großstädtischer Straßenzüge an den Fenstern, auf dem abgewetzten Parkettboden steht mitten im Raum ein Bett, in dem Künstlerin Bianca Patricia im Business-Kostüm liegt. Sie unterhält sich mit den Besuchern, gibt ein Radio-Interview - ein "Bed-In" im Medienzeitalter als Reminiszenz an Yoko Ono und John Lennon.

Künstler und Besucher, Ort und Kunstwerk korrespondieren miteinander. Viele Installationen spielen mit dem Prinzip Gast, der Fremde, dem Zuhause auf Zeit und der standardisierten Eintönigkeit der Unterkünfte. Mal überwiegt die Verbindung zum Ort, mal ist der Hotelbezug weit hergeholt, und die Künstler thematisieren gesamtgesellschaftliche Tendenzen. Vor Raum 20 etwa warnt ein Schild vor "Videoüberwachung", die Kamera über dem Bett leitet die Aufnahmen direkt ins Badezimmer weiter; in Zimmer 22 werfen sich Zeichentrick-Abbilder berühmter Künstler auf Bildschirmen in einer Talkrunde ihre wichtigsten Zitate zu: "Was ganz leicht ist, kann auch nicht sehr kunstreich sein", ruft Albrecht Dürer in das Zimmer.

Zimmer frei, noch bis Sonntag, 18. Oktober, jeweils 12 bis 14 Uhr, Hotel Mariandl, Goethestr. 51

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