Zeitgeist:Spielt mit den Geschlechtern!

Zeitgeist: Ziggy Stardust verkörperte im Pop als eine der ersten das Spiel mit den Geschlechtern - nun gibt es sie als Barbie.

Ziggy Stardust verkörperte im Pop als eine der ersten das Spiel mit den Geschlechtern - nun gibt es sie als Barbie.

(Foto: AFP)

Der Spielzeughersteller Mattel hat eine"Ziggy Stardust"-Barbie auf den Markt gebracht - ein Zeichen, mit was für einer Selbstverständlichkeit das Thema Transgender mittlerweile behandelt wird.

Von Andrian Kreye

Barbiepuppen gehören in Amerika neben Las-Vegas-Shows und den Witzen von Late-Night-Moderatoren zu den popkulturellen Meilensteinen, die belegen, dass ein Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Nun bewirbt der Spielwarenhersteller Mattel seine neue "Ziggy Stardust"-Barbie zwar als Feier "zweier Popkulturikonen". David Bowie eben, als "Vorreiter zeitgenössischer Kultur", und Ziggy Stardust, sein "fantastisches Sci-FiAlter-Ego". Die weibliche Puppe trägt rote Plateaustiefel, einen plastikhautengen Hosenanzug in Regenbogenfarben sowie den goldenen Kreis, den er sich für seine Auftritte als Kunstfigur auf der Stirn auftragen ließ.

Ziggy ist auch nicht die erste genderfluide Barbie. Es gab sie schon als Sinatra, Warhol und Elvis. Es ist allerdings, bei allem Werbetextjubel über den Musiker Bowie, die erste, die sich so eindeutig auf die Ambiguität nicht nur von Geschlechterrollen, sondern auch von -identitäten einlässt. Ziggy Stardust war im Pop eine der ersten großen Inkarnationen des Spiels mit den Geschlechtern. Grund genug also, Ziggy Barbie als Durchbruch im Kampf um eine der letzten Frontlinien der Bürgerrechtsbewegung zu feiern. Die Puppe ist dabei nicht das einzige Zeichen.

Transgender-Thema wird mit souveränder Selbstversändlichkeit behandelt

Auch in der amerikanischen Hochkultur wird das Thema Transgender inzwischen mit souveräner Selbstverständlichkeit behandelt. So berichtete die New York Times am Donnerstag, es gebe derzeit eine regelrechte Welle von Transgender-Sängerinnen und -Sängern. Eine der meistgespielten Opern sei auch Laura Kaminskys "As One", die 2014 in der Brooklyn Academy of Music uraufgeführt wurde. Die handelt von den Erfahrungen der Hauptfigur Hannah im Leben als Transgenderperson. In der ursprünglichen Version wurde die Hauptfigur von einem Bariton und einem Mezzosopran gesungen.

Während "As One" die Problematik der Transgender-Debatte in die Mitte des Kulturkanons trägt, ist Ziggy Barbie ein Schritt zum eigentlichen Ziel jeder Emanzipationsbewegung, der Normalität, bei der die Transgender-Identität eigentlich kein Thema mehr ist.

Homosexuelle beiden Geschlechts, Afroamerikaner, -asiaten und andere Minderheiten, die in Amerika lange um ihren gleichberechtigten Platz in der Gesellschaft kämpften, sind bei diesem Marsch durch die kulturellen Institutionen schon weiter. In Serien der großen Sender (also nicht des inhaltlich sehr viel mutigeren Premium-TVs der Streamingdienste und Bezahlsender) ist es längt keine Frage mehr, welchen ethnischen oder sexuellen Hintergrund eine Figur hat. Auch wenn die Diskriminierungen im wirklichen Leben von den Drehbüchern keineswegs ausgespart werden.

Auch Europa ist schon auf einem guten Weg. So erwähnte ein Münchner Grundschüler neulich mal sehr selbstverständlich "Kinder, die nicht wissen, welches Geschlecht sie haben, selbst wenn sie in die Hose gucken". War für den Knirps kein Thema. Gibt es eben.

Ach ja, die Ziggy Barbie ist mit 50 Dollar gut zweieinhalb mal so teuer wie eine reguläre Puppe. Aber Gleichberechtigung war immer erst einmal das Privileg bessergestellter, urbaner Eliten. Der Marsch durch die Wirtschaftsebenen ist sehr viel mühsamer als der durch die Kultur.

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