Bayern:Neuer Chef für das Bayerische Staatsballett

Bayern: In der Bayerischen Staatsoper gibt es für das Staatsballett einen neuen Chef: Nach dem Abgang von Igor Zelensky folgt der Franzose Laurent Hilaire - und zwar ab sofort.

In der Bayerischen Staatsoper gibt es für das Staatsballett einen neuen Chef: Nach dem Abgang von Igor Zelensky folgt der Franzose Laurent Hilaire - und zwar ab sofort.

(Foto: Valery Hache/AFP)

Der Franzose Laurent Hilaire übernimmt nach dem Abgang von Igor Zelensky die Tanz-Kompanie.

Von Dorion Weickmann

Bayern: In der Bayerischen Staatsoper gibt es für das Staatsballett einen neuen Chef: Nach dem Abgang von Igor Zelensky folgt der Franzose Laurent Hilaire - und zwar ab sofort.

In der Bayerischen Staatsoper gibt es für das Staatsballett einen neuen Chef: Nach dem Abgang von Igor Zelensky folgt der Franzose Laurent Hilaire - und zwar ab sofort.

(Foto: Valery Hache/AFP)

Als die Anfrage kam, ob er das Bayerische Staatsballett übernehmen wolle, musste Laurent Hilaire nicht lange überlegen. Er hatte gerade Moskau verlassen, seinen Posten als Ballettchef am Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater geräumt. Weil es die Lage nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nichts anderes zuließ. Jetzt sitzt er in München am Telefon, einen Tag vor der Pressekonferenz zur nächsten Spielzeit, die noch sein Vorgänger Igor Zelensky programmiert hat. Mit einer Kreation von Alexei Ratmansky zu Ouvertüren von Pjotr Tschaikowski, gefolgt von "Schmetterling", einem Doppelabend, den das Choreografen-Duo Sol Léon und Paul Lightfoot zum Auftakt der Ballettfestwoche 2023 mit schon existierenden Werken bestückt.

Am Montag wird Hilaire das Direktionsbüro im Staatsballett-Probenhaus am Platzl beziehen. Er kommt allein, ohne Team. Wenn nicht alles täuscht, hat das Staatsballett eine Art Kurswechsel vor sich. Der knapp Sechzigjährige könnte neue Sterne am Münchner Balletthimmel aufgehen lassen, so wie er einst selbst die meisten seiner Kollegen überstrahlt hat: als eleganter Danseur étoile der Pariser Oper.

Seine Besetzung als Leiter des Bayerischen Staatsballets ist eine kluge Wahl

1962 in Paris geboren, ging er auf die Ballettschule der Pariser Oper. 1979 kam er in die Kompanie und kletterte an vielen anderen vorbei die Karriereleiter hoch, bis ihn der seinerzeitige Direktor Rudolf Nurejew 1985 zum Étoile ernannte. Hilaire tanzte alles und liebte alles. Die Klassiker, die Nurejew variantenreich einstudierte, die Moderne, das zeitgenössische Fach. 2005 wechselte Hilaire in die Ballettmeisterposition, sechs Jahre später machte ihn die Prinzipalin der Kompanie, Brigitte Lefèvre, zu ihrer rechten Hand: als Maître de ballet der Direktion. Lefèvre favorisierte Hilaire auch für ihre Nachfolge auf dem Chefsessel. Das Rennen gewann ein anderer.

2017 trat der Franzose die Spitzenposition in Moskau an. Aus westlicher Sicht eine ziemlich verwegene Mission, aber Hilaire meisterte sie und genoss offenbar ungeahnte Freiheiten. "Niemand hat mir gesagt, du musst dieses oder jenes tun. Schon beim ersten Treffen mit den Tänzern habe ich gespürt, dass sie neugierig waren auf eine Herausforderung - und das Publikum auch." Er öffnete das Repertoire, holte Avantgardisten wie Hofesh Shechter oder Sharon Eyal, die noch nie in Russland choreografiert hatten. Das Stanislawski- und Nemirowitsch-Dantschenko-Musiktheater entwickelte sich zu einem Hotspot des Tanzes. Er sah das nie als seinen alleinigen Verdienst: "Mein Lieblingswort im Russischen ist ´gemeinsam´, meine Lieblingsidee, dass man gemeinsam etwas aufbaut. Offenheit und Einfühlungsvermögen finde ich sehr wichtig. Aber ich habe die Verantwortung. Wenn ich eine Entscheidung getroffen habe, dann ziehe ich sie durch mit aller Kraft."

Diese Führungsphilosophie setzt auf Kommunikation und ist damit so ziemlich das Gegenteil dessen, was das Bayerische Staatsballett mit Igor Zelensky erlebt hat, der Anfang April nach wochenlangen Querelen um eine Beratertätigkeit in Russland zurücktrat. Was den Ex-Direktor gleichwohl mit seinem Nachfolger verbindet, sind das kuratorische Rollenverständnis ohne choreografische Ambition und die Wertschätzung für das klassische Erbe. Am meisten beschäftigt ihn dabei die Frage: "Wie können wir die Meisterwerke von gestern vermitteln und in die Zukunft bringen? Was ist ihre Bedeutung, was der Kern ihrer Botschaft?" Als Vater von zwei inzwischen erwachsenen Töchtern liegt ihm der Kontakt mit der nachwachsenden Generation ihm am Herzen: "Wir müssen beobachten, wohin sich die Gesellschaft entwickelt."

Noch hat er fürs Nationaltheater kein fertiges Konzept in der Tasche. Er will sich vortasten, kennt aber das Ziel: "Ein interessantes Repertoire, ein interessiertes Publikum. Qualität und Exzellenz". Bis 2026 hat Laurent Hilaire Zeit für diese Aufgabe. Solange läuft sein Vertrag mit dem Kunstministerium. Er ist eine kluge Wahl und eine ziemlich sichere Bank: für München, für die Kompanie und für die Kunst.

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