JFK-Witwe Jackie Kennedy in neuveröffentlichten Interviews:Klima der Behaglichkeit

Mittags kam der Präsident zum Essen wieder nach oben und hielt dann Mittagsschlaf, exakt eine Dreiviertelstunde, im Pyjama. Meist blieb er dann bis acht Uhr abends im Oval Office. Wenn er, wie sie es ausdrückte "eine schlechte Phase hatte", bat er sie, ab und zu eine Party im Weißen Haus zu organisieren mit den "ganzen interessanten Leuten aus New York", die ihn "auf andere Gedanken brachten". Gäste aus der Washingtoner Politikerkaste hingegen hat sie "eher selten" gebeten. Die langweilten den Präsidenten.

Zugleich war er stets treusorgender Ehemann: "Wenn Jack merkte, dass ich erschöpft war, schickte er mich weg" - zur Erholung aufs Land, zu ihrer Schwester oder nach New York. Nur wenn sie ihn mit Fragen zum Tag bedrängte, wich er aus. Dann sagte er, sie solle doch McGeorge Bundy fragen, seinen Sicherheitsberater, "der erklärt es Dir".

Sie bekam dennoch vieles mit. Und sie hielt ihre persönliche Meinung über die damaligen Mächtigen der Welt auch nicht zurück. Sowjetführer Nikita Chruschtschow ist ein grober Klotz. Indiens Premier Nehru ein "langweiliger Hindu", seine Tochter Indira Gandhi nannte sie eine "echte Pute", eine von den Frauen, "die Angst vor Sex haben".

Besser weg kam General de Gaulle, auch wenn er ein Egomane gewesen sei und ihrem Mann mit seiner gallozentrischen Politik viel Ärger bereitet habe. Aber sie mochte Frankreich, außerdem rechnete sie es ihm hoch an, dass er zur Beerdigung nach Washington kam. Geradezu freundschaftlich verbunden war ihr Mann mit Großbritanniens Premier Harold Macmillan. Und auch Jackie verehrte den kauzigen alten Herrn.

Die Deutschen hingegen kamen gar nicht gut weg, weil sie ihrem Mann so viel Ärger bescherten: "Er hatte die Nase gestrichen voll von Adenauer und diesem ganzen Trara um Berlin." Den greisen Bundeskanzler konnte JFK nicht ausstehen. Ein "verbitterter alter Mann" sei er gewesen. In Passagen wie denen über die nervigen Deutschen hat man dann tatsächlich das Gefühl, noch etwas von dem Ton zu hören, der in Kennedys Weißem Haus herrschte.

Die Verhandlungen während und nach der Berlin-Krise brachten Kennedy, den "Ich-bin-ein-Berliner"-Präsidenten, gegen die Deutschen auf: "Was muss man denn noch tun, um den Deutschen zu zeigen, dass sie uns wichtig sind?", habe JFK geschimpft. Und dann fügte sie in ihren eigenen Worten hinzu: "Bei jeder Kleinigkeit tobte Adenauer und behauptete, wir würden abziehen, und der Botschafter kam angerannt. Jack regte sich wirklich auf über die Deutschen."

JFK hielt nicht viel von Lyndon B. Johnson

Wirkliche Enthüllungen sind diese Einblicke nicht. Auch nicht Jackie Kennedys Kommentare zu den wichtigsten Akteuren in den USA. Martin Luther King hielt Jackie für "ziemlich durchtrieben". Zwar habe JFK ihr gegenüber "niemals etwa gegen" King gesagt, doch sie ließ erkennen, dass er ihre Meinung geteilt hatte. "Nicht viel" hielt JFK von seinem Vorgänger Dwight D. Eisenhower, und von seinen Vize Lyndon B. Johnson schon gar nichts. FBI-Chef Hoover wollte er von Anfang an ebenso loswerden (was ihm nicht gelang) wie CIA-Chef Allen Dulles (was er durchsetzte).

Prinzipiell hielt sich Jackie Kennedy aus der Politik heraus: "Man wollte guter Dinge sein für Jack, wenn er aus dem Büro kam", sagte sie, das sei ihre Art gewesen, ihm zu helfen, "indem ich ihn nicht belästigte, sondern ein Klima der Herzlichkeit, Behaglichkeit und Entspannung für ihn schuf".

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