ZDF: Streit um Brender:Ein Brief voll Kritik

Mit dem Nein des hessischen Ministerpräsidenten Koch zu ZDF-Chefredakteur Brender geben sie sich nicht zufrieden: In einem offenen Brief üben 35 Juristen Kritik - und sehen die Verfassung in Gefahr.

Wenige Tage vor der Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrats über die Vertragsverlängerung für Chefredakteur Nikolaus Brender kritisieren Staatsrechtler die ablehnende Haltung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichteten vorab, dass 35 Juristen in einem offenen Brief ihre Bedenken gegen die Einflussnahme der Politiker auf das Fernsehen äußern.

ZDF: Streit um Brender: ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender: Am 27. November soll über seine Vertragsverlängerung entschieden werden.

ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender: Am 27. November soll über seine Vertragsverlängerung entschieden werden.

(Foto: Foto: dpa)

Die Rechtsexperten sehen die im Grundgesetz festgeschriebene Staatsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Gefahr. "Es handelt sich um den offenkundigen Versuch, einen unabhängigen Journalisten zu verdrängen und den Einfluss der Parteipolitik zu stärken", schreiben die Autoren des Briefes. "Damit wird die Angelegenheit zum Verfassungsrechtsfall, und deshalb mischen wir uns ein."

Die Rundfunkfreiheit "ist eine wichtige Säule unseres demokratischen Staatswesens", heißt es in dem Text. "An dieser Säule wird gerade gesägt, und zwar von einigen Mitgliedern des Verwaltungsrats beim ZDF."

Der Verwaltungsrat soll am 27. November entscheiden, ob Brenders Vertrag über den März 2010 hinaus verlängert wird. ZDF-Intendant Markus Schächter braucht für die gewünschte Verlängerung des zum 1. April 2010 auslaufenden Brender-Vertrags das "Einvernehmen" mit dem Verwaltungsrat. In dem 14-köpfigen Gremium stößt er bisher aber auf den Widerstand des stellvertretenden Vorsitzenden Koch und weiterer Unionsvertreter, die die Mehrheit stellen.

Zu den Autoren des offenen Briefs gehören laut Medienberichten der Föderalismusforscher Hans-Peter Schneider aus Hannover, Joachim Wieland von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, der Mainzer Medienrechtler Dieter Dörr, der viele Jahre Mitglied der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich war, sowie der Steuerrechtler Dieter Birk aus Münster.

Der Berliner Verwaltungsrechtler Ulrich Battis, der das Schreiben ebenfalls unterzeichnete, sagte der Zeitung: "Der Einfluss der Parteien muss zurückgefahren werden".

Der Kommunikationsrechtler Hubertus Gersdorf aus Rostock betonte in der Zeitung, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk müsse eine "möglichst weitgehende Staatsferne" gelten. Die "gleichsam semi-staatliche Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates, die dessen Sitzungen als Stelldichein der Belle Etage der deutschen Politik erscheinen lassen", werde dem nicht gerecht.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung zitiert aus dem Brief eine Befürchtung der Juristen: "Sollte sich herausstellen, dass letztlich ein Ministerpräsident als Meinungsführer stark genug ist, um einen bestimmten Chefredakteur zu verhindern, so würde dieses einen praktischen Beleg dafür liefern, dass die zum Teil geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Zusammensetzung des Gremiums nicht unbegründet sind.

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