ZDF: Hunziker mit Gottschalk:Die Blondverstärkung

Michelle Hunziker wird Co-Moderatorin von Thomas Gottschalk bei "Wetten, dass...?" Man darf gespannt sein, wie sich diese Blondierung des ohnehin Blonden auswirkt.

Bernd Graff

"Wenn man die Körpersprache noch mitzählt, dann spricht sie sechs Sprachen." Mit diesen Worten profilierte Thomas Gottschalk im April 2006 seinen Schweizer Gast Michelle Hunziker.

Sie erschien in einem tief ausgeschnittenen und dementsprechend körpersprachlich überzeugenden Gewand aus perlend-blinkendem Nichts und gab nach Bussi-Bussi und Präsentation auch noch des Rückendekolletes Auskunft über ihr damaliges Single-Sein, die zwei völlig unterschiedlichen Fernsehwelten Italiens und Deutschlands sowie das gewisse Streunern ohne Ziel, das sie als Lebensmotto ausgab: "Ich liebe es, alles zu probieren," meinte sie, bevor Gottschalk endlich ihren Wettkandidaten ankündigte.

Und damit waren, wie es sich für die da gerade verhandelten Lebensthemen im TV gehört, gerade mal vier Minuten Sendezeit mit Hunziker vergangen.

Ihre Wette: Ein Mann, der "fast nackt" (Gottschalk) ein Hochseil betritt und sich darauf anzieht. "Das konnte ja nur meine Wette sein, was Thomas?" Fast stichelte Michelle da ein wenig gegen Gottschalk, der allerdings nur erwiderte, dass er Sorge trage, "dass der Mann in Unterhosen sogleich sein Seil verlässt, wenn er dich hier so anschaut."

Apropos: Die damals live übertragenen Einwirkungen der Schwer- und Fliehkräfte auf das Nichtkleid und Phänomene von Massenträgheit bei gewissen Körperpartien der in ihrem Kleid ja auch nicht wirklich beheimateten Trägerin laufen bei Youtube unter der Rubrik "Michelle Hunziker Oops". Ein Oops von zwei Sekunden Länge.

Überhaupt war diese Hunziker-Folge von "Wetten, dass ..?", die 162. der Tommy-Show, eine sehr bedeutende. Tom Cruise war da und übersah mit einer Professionalität, die nur echte Hollywoodstars beherrschen, die physikalische Versuchsanordnung aus Haut und Fäden, die Frau Hunziker für ihre Garderobe ausgab.

Tommy selber sagte am Ende der Sendung, dass dies nun wirklich seine letzte war, nach 25 Jahren sei die Zeit gekommen, mit der Sendung überhaupt Schluss zu machen, so in Halle an der Saale. Weil es aber der Erste April war, an dem die Sendung ausgestrahlt wurde, konnte die Welt am Tag darauf erleichtert notieren, dass Tommy lediglich einen Aprilscherz gemacht hatte.

Kein Aprilscherz des Mittseptember 2009 ist allerdings die zuerst verstörend wirkende Nachricht, dass die Moderatorin und Fachfrau auf dem Gebiet der Textilverknappung, Michelle Hunziker, ihren ehemaligen Gastgeber von "Wetten, dasss...?", Thomas Gottschalk, nun bei seiner samstäglichen Bespassung der Nation "unterstützen" solle, und das schon ab der nächsten Sendung am 3. Oktober.

"Weil", wie es heißt, "die Show spontaner werden" solle, trägt Tommy die Wetten ab da nicht mehr selber vor, er erfährt von ihnen aus dem Mund der blonden Assistentin. Ob sie damit auch für Gottschalks berühmten Ratsherrenhumor bei der Präsentation zuständig wird, wurde noch nicht über Agentur vermeldet.

Man darf also gespannt sein - und ja, das darf man wirklich. Denn Hunziker ist mittlerweile alles andere als ein Medienhascherl mehr, das unbedarft durchs TV tingelt. Hunziker, deren Lebensläufte für Bild zur ersten Berichterstattungspflicht gehören, ist auf dem medialen Parcours inzwischen eher so etwas wie Verona Pooth in Blond. Eine gesetzte Größe, die nicht wenig Nektar zieht aus der gut und klug gespielten Rolle der unbekümmerten Ewig-Lolita.

Neckische Entblößung, unschuldige Verführung. Kann soviel Strahlen Sünde sein?

Michelle Yvonne Hunziker wurde 1977 geboren in dem Schweizer Dorf Sorengo, nahe Lugano gelegen. Sie ist Tochter eines Kunstmalers Rudolf Hunziker, siedelte, bevor sie 20 Jahre alt war, mehrfach um, landete 1993 in Bologna und ein Jahr später in Mailand. Daher die fünf Sprachen, von ihrer Körpersprache wusste ja bislang nur Tommy.

Hunziker nimmt danach - wie es heißt - einige Zeit Schauspielunterricht in Los Angeles bei Belitta Moreno, was soviel heißt: Sie war in Los Angeles.

Schauspielerin ist dann aber erst später geworden, nachdem sie als Model und TV-Moderatorin bereits reüssiert hatte. Es sei denn, man begriffe die Auszeichnung "Frau mit Italiens schönstem Po", die sie nach einer Kampagne für einen Unterwäschehersteller erhielt und die ganz Italien den Kopf verdrehte, als den Oscar der Schlüpferbranche.

Im Jahr 1996 lernt sie als diese Frau Schönstpo in einer Diskothek den italienischen Popstar Eros Ramazotti kennen, noch im selben Jahr kommt die gemeinsame Tochter Aurora zur Welt. Durch die Heirat mit dem überaus populären Sänger ist sie noch bekannter geworden, ihr gelingt der Sprung ins Fernsehen. Sie moderiert an der Seite von Paolo Bonolis die Show "I Cervelloni" und wenig später die hoch in der Gunst des Publikums stehende Comedy-Show "Paperissima Sprint".

Auf Gottschalk und damit auch auf deutsches Fernsehpublikum stieß Hunziker erstmals, als sie die Verleihung der "Goldenen Kameras" im Jahr 1998 als Co-Moderatorin mit bestem Blick auf die Sendung mitverfolgen konnte.

Ihre Popularität, vor allem beim jungen Publikum, mehrte Hunziker, als sie neben Carsten Spengemann die ersten beiden Staffeln des Casting-Spektakels "Deutschland sucht den Superstar" präsentierte. Zu Jahresbeginn 2007 sah man sie in einem Musical auf der Bühne des Teatro della Luna in Mailand. Singen tut sie ja auch noch und Preise als TV-Moderatorin heimste sie ebenfalls schon ein. Unter anderem wurde sie 2008 in San Remo mit dem italienischen TV-Oscar als beste weibliche TV-Persönlichkeit ausgezeichnet.

Das klingt auf jeden Fall schon mal ganz anders als "Frau mit Italiens schönstem Po".

Mit anderen Worten: Wenn da vom 3. Oktober an im deutschen Fernsehen Blond auf Blond trifft, wird man kaum erwarten müssen, mit Frau Hunziker nur ein kieksendes Nummerngirl an Tommys Seite vorgestellt zu bekommen.

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