ZDF: Gottschalk sucht Musical-Star:Topp, das Casting gilt!

Schwer vorstellbar, dass Thomas Gottschalk - so wie Dieter Bohlen auf RTL - Sänger beschimpft und unsichere Talente blamiert. Fest steht: Er bekommt im ZDF seine eigene Castingshow. sueddeutsche.de blickt vorab hinter die Kulissen.

Irene Helmes

Irgendwie hat es funktioniert. Während Stefan Raab und Günther Jauch auf ihren Sendern längst gefühlte zwei Drittel des Programms moderieren, fällt Thomas Gottschalk seit Jahren - trotz vieler Ausbruchversuche - eigentlich nur durch eine einzige Show auf: "Wetten, dass..?". Nun wagt sich der 57-Jährige wieder auf neues Terrain und versucht sich mit einem Casting.

ZDF: Gottschalk sucht Musical-Star: Wetten, er entdeckt ein Talent?

Wetten, er entdeckt ein Talent?

(Foto: Foto: dpa)

Solche Talent-Entdeckersendungen, das hat man beim ZDF erkannt, laufen gut im deutschen Fernsehen. Also her damit. Andererseits, Pop wäre vielleicht doch übertrieben - voilà, die Lösung heißt "Musical-Showstar 2008" und wird für April als "die große neue Abendshow" des öffentlich-rechtlichen Kanals angekündigt.

Gesucht werden Talente, die vieles zugleich können: singen, tanzen, spielen. Dem Siegerpaar winken die Hauptrollen im Welterfolg "Starlight Express". Aber während es sich Castingpionier Dieter Bohlen nicht nehmen lässt, seine künftigen Vielleicht-Entdeckungen von Anfang an höchstpersönlich zusammenzufalten, vertraut Gottschalk die Arbeit an der Basis einer Jury an und wird erst die finalen Live-Shows beehren.

sueddeutsche.de hat beim offenen Casting in München nachgesehen, was der Moderator dabei verpasst, und wen es noch zu entdecken gibt in der deutschen Entertainment-Landschaft.

Es ist ein strahlender Wintersonntag in München. Das ZDF lädt ins Kulturzentrum Gasteig, wo unter anderem die Philharmoniker und die Stadtbibliothek zu Hause sind. Trash - so scheint schon die Location zu signalisieren - soll hier nicht produziert werden. Vor der Kandidatenanmeldung reihen sich die Ankommenden, zum Teil mit kleinen Koffern, zum Teil mit mittelgroßem Familienanhang.

Im großen Warteraum kämmen hilfsbereite Freundinnen noch mal die Frisur der angehenden Musical-Heldin in Form. So manche Kandidatin kämpft tapfer gegen ihre High-Heels. Ein Mädchen kaut auf einem Stück Pizza - es ist 10.30 Uhr. Vereinzelt kugeln kleine Kinder auf dem Boden. Viele Bewerber könnten leicht die Eltern ihrer Teenie-Konkurrenten sein.

Jeder hat sich auf seine Art schick gemacht, sei es im korrekten Bankeranzug oder im Paillettenkleid. Ein junger Mann, offenbar nur als Begleitung dabei, stellt sich lachend zu einer Gruppe: "Die singen alle auf dem Klo!"

Manche singen auch direkt im Wartesaal, eher leise für sich, kaum hörbar zur Musik aus ihren MP3- und CD-Playern. Andere geben in der Mitte eine laute Kostprobe. Doch das eigentliche Vorsingen findet hinter verschlossenen Türen statt - das ZDF will davon vor der Ausstrahlung der fertigen Sendung in zwei Monaten nichts durchsickern lassen.

So bleibt das Gehen und Wiederkommen der Kandidaten zu beobachten, vor allem aber das Herumsitzen. Alles recht ruhig, von Dauerkreischen und emotionalen Ausnahmezuständen im Stil der "Popstars" auf Pro Sieben keine Spur. Zwischendurch blinkt etwas Exzentrik auf: hier ein selbstgebasteltes Kostüm (Ufo-Hightech-Dirndl mit viel Spitze), dort eine kleine akrobatische Einlage. Beim Vorsingen geht alles höflich und freundlich zu, wie die Kandidaten berichten.

Auf der nächsten Seite lesen Sie, warum die Kandidaten plötzlich vor die Tür gescheucht werden.

Topp, das Casting gilt!

Am frühen Nachmittag dann noch eine Gruppenübung: Die Kandidatenschar wird aus dem Saal ins Freie gelotst und dort mit rot-weißem Absperrband in Formation geschoben und gezogen, bis die passenden Fernsehbilder gedreht werden können.

ZDF: Gottschalk sucht Musical-Star: Beim Casting ist vor allem eines wichtig: Geduld.

Beim Casting ist vor allem eines wichtig: Geduld.

(Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Endlich: das Ergebnis

Auf Kommando erfolgt mehr oder weniger gelöstes Singen und Tanzen zu "What a Feeling". Nicht allen gefällt diese absolut glamourfreie Phase, vereinzelt wird Murren laut. Dann noch mal Schlangestehen zum Mitfilmen und endlich ein Jubeleinlauf Richtung Kandidatensaal, wie man ihn morgens nicht hätte drehen können.

Wieder drinnen lässt die Verkündung der Entscheidungen auf sich warten. Wieder warten, dann endlich verliest die Crew die Namen der Kandidaten, die am Montag zum zweiten Mal vor die Jury dürfen - diesmal wohlbemerkt vor die eigentliche Jury, also vor Uwe Kröger, Katja Ebstein und Alexander Goebel. Die drei haben sich in der ersten Runde von zwei ungenannten Damen vertreten lassen.

Die Zurückbleibenden tragen das Ergebnis weitgehend mit Fassung. Die Auserwählten laufen erlöst zum nächsten ZDF-Fototermin. Für sie öffnet sich nun möglicherweise die Tür zur ersehnten Karriere: Dem Siegerpaar winken immerhin die Rollen von Rusty und Pearl im Musical-Welterfolg "Starlight Express".

Wer ist hier der Star?

Glamour kann also noch kommen. Zu große Ähnlichkeiten mit "DSDS" oder "Popstars" sind bei "Musical-Showstar 2008" dagegen kaum zu befürchten. Schwer vorstellbar, dass ZDF-Showmaster Gottschalk Kandidaten nahelegt, ihre Stimmbänder in die Mülltonne zu werfen, Vergleiche mit "Hasenpups" und Kakerlaken aufstellt oder probenden Bewerbern zur Motivation "Pam-Pam-Pam" ins Ohr schreit.

Eher scheint ihm bei den Live-Shows eine gütig-väterliche Rolle zugedacht, während die Kandidaten um Jury-Gunst und Publikumsstimmen kämpfen. In einem dürfte sich Gottschalk bei "Musical-Showstar 2008" von anderen Epigonen wie Bohlen und Detlef D! Soost aber kaum unterscheiden. Die Kandidaten werden tun können, was sie wollen, Thomas Gottschalk wird vor allem eins sein: sein eigener Showstar.

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