Abschied von Christa Wolf:Letzte Ruhe in der Mitte Berlins

Abschied in großem Rahmen: Die am 1. Dezember verstorbene Schriftstellerin Christa Wolf wird am Dienstag auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte beigesetzt. Bei einer Gedenkveranstaltung am Abend haben sich zahlreiche Weggefährten, Leser und Familienangehörige angesagt.

Die Schriftstellerin Christa Wolf wird am Dienstag (13. Dezember, 11.00 Uhr) auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin-Mitte beigesetzt. Zuvor ist eine Trauerfeier für den engsten Verwandten- und Freundeskreis geplant.

Christa Wolf

Christa Wolf bei einer Lesung in München im Jahr 2002. Zahlreiche Weggefährten nehmen von der Autorin im Rahmen einer Gedenkveranstaltung in Berlin nun Abschied.

(Foto: Sueddeutsche Zeitung Photo)

Die Grabrede hält der Dramatiker Volker Braun, wie dieser am Montag bestätigte. Der Friedhof ist während der Zeremonie für die Öffentlichkeit zugänglich.

Die Autorin war am 1. Dezember im Alter von 82 Jahren gestorben. Am Abend (19.00 Uhr) richtet die Akademie der Künste an ihrem Standort Hanseatenweg gemeinsam mit der Familie der Verstorbenen eine Gedenkveranstaltung aus.

Redner sind die Schriftsteller Daniela Dahn, Günter Grass, Christoph Hein, Katja Lange-Müller, Ingo Schulze sowie die Verlegerinnen Maria Sommer und Ulla Unseld-Berkéwicz. Ebenfalls sprechen wird der Stadtpräsident von Gorzów Wielkopolski/Landsberg an der Warthe, Tadeusz Jedrzejczak. In der neumärkischen und heute polnischen Stadt wurde Wolf 1929 geboren.

Weitere Redner sind: die Übersetzerin Anita Raja, der Theologe Friedrich Schorlemmer, der Journalist Gerhard Rein, der französische Lyriker und Germanist Alain Lance, Akademiepräsident Klaus Staeck und Klaus Wowereit als Kultursenator und Regierender Bürgermeister des Landes Berlin.

Mehrtägige Hommage

Auch Witwer Gerhard Wolf spricht, teilte die Akademie mit. Seine Frau war sei 1974 Mitglied der Akademie Ost und seit 1981 der Akademie West(-Berlin). Volker Braun ("Die Übergangsgesellschaft", "Berichte von Hinze und Kunze") wird nach eigenen Angaben am Abend ein Gedicht verlesen.

Am 16. Dezember beginnt darüber hinaus im Berliner Kino Babylon eine mehrtägige Hommage mit Filmen, an denen Christa Wolf mitwirkte.

Wolf galt als eine der bedeutendsten progressiven Schriftstellerinnen der Nachkriegsgeschichte. Das Lesepublikum schätzte Wolf sowohl im Osten als auch im Westen Deutschlands gleichermaßen. Auch international war Wolf seit Jahrzehnten gefragt - ihre Werke wurden in etwa 40 Sprachen übersetzt.

Ambivalente Haltung zur DDR

Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Ihr bekanntester Roman ist "Kassandra". Zuletzt bekam sie 2010 den Uwe-Johnson-Preis für ihr Buch "Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud".

Ihre Haltung zur DDR war ambivalent. Zwar übergab sie zwischen 1959 und 1962 als IM dem Ministerium für Staatssicherheit Berichte, jedoch durchweg mit einem positivem Bild der Betroffenen.

Auch der Staat veränderte oft sein Verhalten ihr gegenüber. Obwohl sie 1976 zu den Mitunterzeichnern der Protestresolution gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann zählte, bekam sie regelmäßig den Status eines "Reisekaders" und konnte damit für Vorträge in alle Welt reisen.

Zugleich war sie selbst jahrelang im Visier der Stasi. Die - seit 1949 andauernde - Mitgliedschaft in der SED legte Wolf erst nach der friedlichen Revolution 1989 nieder.

Erfolg und Repression

Ihr früher Erfolgsroman "Der geteilte Himmel" aus dem Jahr 1963 bescherte Wolf Kritik aus den Reihen von Kulturfunktionären und SED-Oberen. Gleiches galt für die Verfilmung des Werkes durch den Regisseur Konrad Wolf ein Jahr später.

In diesem Fall wirkte sie am Drehbuch mit. Der Film entging nur knapp dem Verbot. 1967 später stellte sie sich gegen die demagogische Kulturpolitik der DDR-Staatsführung.

Mit anderen Künstlern hatte sie am modernen Märchenfilm "Fräulein Schmetterling" gearbeitet. Der Streifen wurde 1965/66 zensiert und galt bis 2005 als verschollen.

Für Aufsehen sorgte Wolf 1974 mit ihrer aktuellen Fassung von E.T.A. Hoffmanns "Lebensansichten des Katers Murr", die bei ihr "Neue Lebensansichten eines Katers" hießen. Der Stoff nimmt die unbedingte Zukunftsgläubigkeit im Sozialismus aufs Korn. Im gleichen Jahr kam der anarchische Defa-Film "Till Eulenspiegel" auf die Leinwand. Wolf hatte dafür mit ihrem Mann die bekannte Volkserzählung bearbeitet.

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