Wortwechsel im Büro:Auf Wirsing in alter Frische

Teutonen radebrechen Rechtschreibreformrückschwung. Lachlachlach. Und Stunden später. Dabei grimassiert ein Gerede im Herzen der Finsternis, also in unseren Büros, das längst aufgehört hat, sich an irgendetwas Schriftfähiges zu halten - aber auch, witzisch zu sein. Wir berichten live von der Fron des Arbeitsalltages.

TITUS ARNU

Morgäääähn! Hallöle und Bon Jovi! Und, wie schaut's, was geht? Muss ja. Und in acht Stunden sieht die Welt sowieso schon wieder ganz anders aus. Und sonst? Alles klärchen. Heute ist wieder alles im grünen Bereich. Bingobongo und paletti. Wiedersehn macht Freude. Sagt auch die Sekretärin, wenn ich mir ihre Schere ausleihe.

Ob mir das Wiedersehen mit den Kollegen Freude macht, weiß ich nicht so genau, denn sie sprechen eine Sprache, von der ich Migräne bekomme. Wenn sie keinen Plan haben, reden sie jedes Mal einfach mal in die Tüte. Statt zum Beispiel sagen sie zum Bleistift. Ein Kollege nennt den Kopierer rätselhafterweise seit acht Jahren schon Quappiera. Und der Mülleimer heißt bei ihm Ablage P.

Auf Wirsing in alter Frische

Eines der wichtigsten Arbeits- und Phrasendreschgeräte in jedem Büro ist das so genannte Teflon. Manche Kollegen wundern sich jedes mal aufs Neue, wenn ihr Teflon klingelt und verleihen ihrer Verwunderung mit den Worten "Oh, Teflon!" verlässlich Ausdruck. Wenn sie den Gesprächpartner am Teflon auf eine Warteschleife schicken, heißt das: "Kleinen Moment, ich muss Sie mal eben umlegen!" Aber keine Panik auf der Titanic. Sellerie, wie der Franzose sagt. Alles paletti, aber hallo, und zwar dermaßen paletti, dass das Schwein pfeift. Also alles Roger in Kambodscha.

Lange genug gequatscht, jetzt ist Zeit zum Essen fassen. Mahlzeit! Danach noch ein Käffchen und ein paar warme Worte auf dem Flur, schon ist es Zeit zum Austreten. "Bin mal auf 17!", schreien die Sekretärinnen dezent durchs Büro. Oder: "Ich bin mal für kleine Mönche!", "Ich stell mal eine Stange Wasser ins Eck!", Ich bin mal für kleine Königstiger!"

Gegen Ende des Arbeitstages häufen sich dann locker eingestreute Kommentare über den näher rückenden Feierabend. siebeneinhalb Stunden Phrasendreschen machen müde, so müde, dass es einem manchmal bis Oberkante Unterlippe steht. Bald ist Schicht im Schacht, und für die Lieben Daheim macht Wiedersehen ja auch Freude. Wir sehen uns, denn wir sind ja nicht blind, höhöhö. Lass uns teflonieren! Ich mach mich jetzt mal vom Acker. Bis morgääähhn! Ich brech auch zusammen. Gutsnächtle, gute Besserung, Wirsing, und Tschüssikowski!

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