Wort und Schrift:Schönheit des Worts

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Schrift oder schon Bild? Grenzgänger wie dieser der Studentin Marie Englhard lassen Fragen offen. (Foto: MaroVerlag)

Peter Krülls Buch "Bilderschreiben"

Von Joshua Schössler

Handschrift, Typografie und Kalligrafie von den Anfängen der Schriftsprache bis in die digitale Gegenwart: Diesem Thema widmet sich Peter Krüll, Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg, mit dem Band "Bilderschreiben", der kürzlich im Augsburger Maro Verlag erschienen ist. Das Buch, das den Untertitel "Challenging Calligraphy" trägt, beginnt mit einigen grundsätzlichen Überlegungen: "Handschrift verweist als Schönheit und Skandal, in Materialität und Interpretation, auf die Kulturgeschichte, aber auch auf eine digitale Zukunft. Denn: Ist das zu lesen, unleserlich oder lesbar? ... Ist das hier vorrangig Buchstabe, individueller Duktus oder Expression? Ist das Sprache oder Geheimnis, Wort oder Rätsel, ist das Schrift oder Bild?"

Der Hauptteil des Buches besteht aus Bildern von Designern und Künstlern, die sich im Laufe ihres Schaffens mit Schrift im weitesten Sinne auseinandersetzten. Neben Abbildungen von Paul Klee finden sich solche von Joan Miró, Yoko Ono und Pablo Picasso. Letzterer hat sich handschriftlich äußerst rege betätigt, da er viele Ausstellungsplakate in der für ihn unverkennbaren Art selbst gestaltete. Genauso wie Joseph Beuys, der auf eine Postkarte schrieb "Auch wenn ich meinen Namen schreibe, zeichne ich." Auch von Robert Walser, der in seinen letzten zehn Schaffensjahren Prosastücke und Gedichte mit Bleistiften in Ameisenschrift verfasste, sind Beispiele zu sehen.

Neben solchen großen Namen gibt es aber auch zahlreiche Abbildungen von Studierenden und zwar ohne diese hierarchisch unterzuordnen. Das muss an dieser Stelle hervorgehoben werden. Und man kommt ins Staunen, was man da von ihnen zu sehen bekommt: Mal elegant, mal sehr expressiv, mal abstrakt, mal so fantasievoll, dass Buchstaben sich nur erahnen lassen, haben sie unzählige Alphabete zu diesem Band beigetragen. Überhaupt verzichtet Krüll im Hauptteil auf eine Strukturierung in Form von Kapiteln, die Bilder erscheinen eher als lose Abfolge, weshalb es großen Spaß macht, wahllos durch das Buch zu blättern und sich an den vielfältigen Formen von Schrift zu erfreuen. Viele Bilder versieht der Autor mit Kommentaren, entwickelt seine erhellenden Gedanken eng am Bildmaterial entlang. Diese Kommentare vertiefen das Abgebildete und das Verständnis von diesem, sind aber immer so locker und kurz gehalten, dass man sie ohne große Mühen nachvollziehen kann.

Abgeschlossen wird das Buch mit einem Essay von Max Ackermann, ebenfalls Dozent an der Technischen Hochschule Nürnberg, der unter anderem auf den Gebieten verbale Kommunikation und multimediale Sprachgestaltung unterrichtet. In diesem Essay wird die ganze Thematik noch einmal historisch vertieft.

Es handelt sich hier um ein ausgesprochen lesenswertes Buch, das einen eleganten Spagat zwischen theoretisch-systematischer Vertiefung und lockerem Assoziieren hinlegt. Trotz des eher geringen Textanteils vermittelt es ein umfassendes Wissen über die Schrift und deren Geschichte.

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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