WM-Pokalbesitzer wider Willen:Höhe: 36,8 Zentimeter, Gewicht: 4,275 Kilogramm, Materialwert: 150000 Euro

Er hat den Pokal der Pokale - und will ihn nicht mehr: Der Unternehmer Rolf Deyhle half einst der klammen Fifa aus der Patsche und erhielt dafür ein Duplikat der WM-Trophäe. Das wollte er versteigern - durfte aber nicht.

Dagmar Deckstein

Eigentlich hätten sich an diesem spielfreien Mittwoch um 16 Uhr ganz große und reiche Fußballfans im Hamburger Auktionshaus Schopmann einen Lebenstraum erfüllen können. Für mindestens eine Million Euro wäre beinahe jene vergoldete Trophäe aus Messing und Malachit-Edelsteinen im Sockel unter den Hammer gekommen, deretwegen Deutschland zur Zeit fast ausflippt. Aber die Fifa fiel dem Auktionator in den Arm; aus der Versteigerung des Duplikats des Fifa-WM-Pokals wird nichts. Der Stuttgarter Immobilien-Unternehmer Rolf Deyhle bleibt auf der wohl begehrtesten aller Sporttrophäen sitzen und kann sich weiter fühlen wie ein heimlicher Weltmeister.

WM-Pokalbesitzer wider Willen: Der ehemalige Musicalkönig Rolf Deyhle ist der einzige private Besitzer einer Fifa-Weltpokal-Replika - und wollte es nicht mehr sein

Der ehemalige Musicalkönig Rolf Deyhle ist der einzige private Besitzer einer Fifa-Weltpokal-Replika - und wollte es nicht mehr sein

(Foto: Foto: ddp)

Wie der Schwabe an einen solchen Goldpokal kommt, ist eine längere Geschichte. Der heute 68 Jahre alte Unternehmer und Kunstsammler - ganz früher einmal Steuerinspektor der baden-württembergischen Finanzverwaltung - hatte 1977 der damals ziemlich klammen Fifa unter die Arme gegriffen. So kreierte er zum Beispiel das Emblem, das der Weltfußballverband noch immer im Schilde führt und besaß 16 Jahre lang die exklusiven Verwertungsrechte an allen Fifa-Emblemen.

Höhe: 36,8 Zentimeter, Gewicht: 4,275 Kilogramm, Materialwert: 150000 Euro

Dafür, dass er damit auch der Fifa wieder finanziell auf die Beine half, bedingte sich Deyhle jenes Duplikat vom WM-Pokal aus, das der Mailänder Künstler Silvio Gazzaniga Anfang der siebziger Jahre schuf und dessen Original normalerweise im Zürcher Hauptquartier der Fifa verwahrt wird, mit Ausnahme der WM-Finaltage. Da dürfen dann die jeweiligen Sieger das Original des Cups abküssen, bevor sie dann ebenfalls ein Duplikat mit nach Hause bekommen. Acht Nachbildungen des Pokals befinden sich bei jenen Landesverbänden, die seit 1974 die Weltmeisterschaften gewonnen haben. Somit ist der rührige Deyhle der einzige Privatmann auf der Welt, der den Weltpokal sein Eigen nennen kann - und das immerhin seit 1979.

Die Preziose, 36,8 Zentimeter hoch, 4,275 Kilogramm schwer, hat einen geschätzten Materialwert von 150 000 Euro. Rechtzeitig zur WM hat er die Trophäe in Italien noch einmal auf Hochglanz polieren lassen und beschlossen, sein Haus für seine sechs Kinder zu bestellen. Ein zweistelliger Millionenbetrag, so dachte sich Deyhle, wäre bei betuchten und fußballverrückten Interessenten durchaus herauszuholen gewesen. Seit ruchbar wurde, dass der Privat-World-Cup zur Versteigerung steht, hat die Fifa keinen Hehl daraus gemacht, dass sie ihre ¸¸rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen" will (so die Formulierung von Fifa-Sprecher Andreas Herren), das Geschäft zu vereiteln. Schließlich nahm Deyhle seinen Goldschatz ganz still wieder aus dem Hamburger Schopmann-Schaufenster, und alle Beteiligten hüllen sich über die Hintergründe dieses Schritts in Schweigen. Will Deyhle tatsächlich alle seine sechs Kinder davon profitieren lassen, bliebe ihm also nur eine Möglichkeit: das gute Stück einzuschmelzen und gerecht in sechs vererbbare Barren zu teilen.

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