Willibald Sauerländer über den Barockmaler Nicolas Poussin:Magische Relikte

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Keine Allegorine, sondern künstlerische Experimente mit Wetterlagen, Geographien, Naturkunde und Historie: Nicolas Poussins Gemälde "Triomphe de Neptune et D'Amphitrite" (1638-1640). (Foto: IMAGO/UIG)

Sein letztes Buch widmete der gefeierte Kunsthistoriker Willibald Sauerländer dem Barock-Künstler Nicolas Poussin. Wie niemand vor ihm inszenierte er die Natur als Echoraum menschlicher Leidenschaften.

Von Thomas Steinfeld

Im Jahr 1640 malte Nicolas Poussin, der französische Maler, der seinen Lebensort in Rom gefunden hatte, eine mediterrane Landschaft, in deren untere Mitte er einen alten Apostel Johannes setzte. In leuchtend goldgelbe und rote Gewänder gekleidet, sitzt der Evangelist auf dem Boden und liest. Sein Blick ist ernst und konzentriert. Doch beansprucht das Bild des Evangelisten nur einen kleinen Teil des Gemäldes. Über ihm spannt sich eine ganze Welt auf, ein Berg an einer Bucht, eine Stadt, die vom Lesenden durch ein Gebüsch getrennt ist, Trümmerstücke eines versinkenden Altertums, eine Grotte. Und hinter dem offenbar von geistiger Anspannung erfüllten Greis dessen Symboltier, der Adler. Doch anstatt den Evangelisten zu inspirieren, schreibt der Kunsthistoriker Willibald Sauerländer, stehe der Vogel „abgewandt und wie ausgestopft hinter seinem Rücken, ein Relikt einer durch die Vernunft entmachteten Magie“.

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