Zum Tod von Willi Resetarits:Wiener Blues

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"Seid's vuasichtig" - so verabschiedete sich Willi Resetarits oft von seinen Fans, und: "losst's eich nix gfoin!" (Foto: Herbert Pfarrhofer/dpa)

Zum Tod des Musikers Willi Resetarits, der als "Ostbahn-Kurti" berühmt geworden ist.

Von Oliver Hochkeppel

Schnell sprach es sich am Sonntag herum: "Der Ostbahn-Kurti ist tot!" Gestorben war zwar eigentlich Willi Resetarits, doch bei wenigen fielen Pseudonym, Kunstfigur und Rolle so sehr mit der Person zusammen wie bei ihm. Dabei war der Kurti nicht einmal seine eigene Erfindung: Der umtriebige Wiener Radiomoderator und Autor Günter Brödl hatte den "Kurt Ostbahn" - später auch mit Doktortitel - schon Ende der Siebzigerjahre erfunden. Aus der Idee, für amerikanische Vorstadtmusiker wie Southside Johnny & the Asbury Jukes ein Wiener Pendant zu entwickeln, Ostbahn-Kurti & die Chefpartie eben, bastelte er mit fingierten Interviews, Zeitungsannoncen und einem Theaterstück, später sogar noch mit Kriminalromanen eine komplette Biografie zusammen. 1983 fand Brödl dann die ideale reale Besetzung für seine Figur: Willi Resetarits.

Schon die Sozialisation passte: 1948 in Stinatz geboren, war Resetarits ein Burgenlandkroate, der erst nach dem Umzug nach Wien als kleiner Bub Deutsch lernte und in Favoriten aufwuchs, dem 10. Wiener Stadtbezirk. Ein Kleine-Leute-Bezirk etwa auf einer Stufe mit dem Hamburger Billstedt, dem Berliner Neukölln oder dem Münchner Hasenbergl, allerdings von der Wiener Sozialdemokratie damals nicht alleingelassen. Alle drei Resetarits-Jungen schafften es von dort auf die Universität und wurden später zu einer österreichischen Institution: Willi als Musiker, sein ein Jahr älterer Bruder Lukas als Kabarettist und TV-Kommissar "Kottan" und der zwölf Jahre jüngere Peter als preisgekrönter ORF-Journalist.

Er beließ es nicht beim Singen, sondern mischte sich zu gern auch in die Politik ein

Die ersten Gagen verdiente sich Willi Resetarits in den Siebzigerjahren als Mitglied der linken Politrockband Schmetterlinge. Der Durchbruch kam aber als Ostbahn-Kurti: Zunächst mit von Günter Brödl ins Wienerische übertragenen Coverversionen internationaler Hits - aus "I Heard It Through The Grapevine" etwa wurde "Wo hamma denn den Fahrschein?" -, zunehmend mehr eigenen Songs und leicht abgedrehten Auftritten wurde er zur authentischen Stimme eines Wiener Lebensgefühls zwischen Blues, Wienerlied und Rock, zwischen Sudern und Anpacken - denn Resetarits beließ es nicht beim Singen, er mischte sich ganz praktisch in die Politik ein. Wurde wegen Aufrufs zur Wehrdienstverweigerung verurteilt, war Mitbegründer der Organisationen " Asyl in Not" und " SOS Mitmensch" sowie des " Integrationshauses Wien".

Auch wenn Resetarits den Ostbahn-Kurti 2003 "in Pension schickte", ganz los wurde er ihn nie, und er wollte das auch nicht. Gab dessen Nimbus doch auch seinen diversen neuen Bandprojekten vom Stubnblues bis zur Viererbande Anschub , mit denen er , das "Zirkuspferd, das auf die Bühne gehört", wie er sagte, bis zuletzt unermüdlich unterwegs war. Großzügig lenkte er dabei das Licht auch auf seine Nachfolger, von Ernst Molden bis zum Nino aus Wien. Sein Publikum verabschiedete er gerne mit den Worten: "Seid's vuasichtig und losst's eich nix gfoin!"

Am Sonntag kam der 73-Jährige zu Hause bei einem Sturz ums Leben. Was nichts am Diktum des Transparents ändert, das Fans schon 2005 an eine Brücke über dem Wiener Gürtel hängten: "Ostbahn lebt!"

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