Wien:Krach im Hause Leopold

Streit in Wien über den Umgang mit der Klimt-Foundation: Einerseits geht es um das sensible Thema Raubkunst. Doch Wien wäre nicht Wien, wenn daneben nicht auch gekränkte Eitelkeiten und der Vorwurf der üblen Nachrede eine Rolle spielten.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

Ein neuer künstlerischer Direktor für das Leopold-Museum ist gefunden, aber noch nicht vorgestellt, an seinem Vertrag wird derzeit gebastelt - man könnte also meinen, der böse Streit, der zuletzt in der Wiener Museumslandschaft ausgefochten wurde, wäre beigelegt.

Weit gefehlt. Der eine spricht von einem Erdbeben, der zweite von einem riesigen Reputationsverlust für das Haus, der dritte von einem Kampf eitler Männer, der vierte von der Unfähigkeit Österreichs zur Vergangenheitsbewältigung. Daneben aber geht es, wie im Falle des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt oder wie bei der jüngsten Debatte um die Rückgabe des Beethoven-Frieses in der Wiener Secession, um: Restitutionsfragen.

Die Vorgeschichte: Tobias Natter, der bisherige künstlerische Direktor am Leopold-Museum, das für seine Schiele-Sammlung bekannt ist, war unlängst Knall auf Fall zurückgetreten. Denn sein Co-Direktor, Peter Weinhäupl, hatte sich überraschend als Vorstandsvorsitzender einer neuen Stiftung geoutet, der Klimt-Foundation.

Sie soll sich um die Sammlung des längst verstorbenen NS-Filmemachers Gustav Ucicky kümmern, eines unehelichen Sohnes des Malers Gustav Klimt. Dessen Schatz, der aus genau vier Ölbildern, zehn Zeichnungen und diversen Autografen besteht, gehört mittlerweile der betagten Ucicky-Gattin Ursula. Die habe sich, sagt ihr Vertrauter Weinhäupl, eine "familiäre Lösung" für ihre Klimt-Stiftung gewünscht.

Deshalb sitzen jetzt der kaufmännische Direktor des Leopold-Museums, Weinhäupl, seine Lebensgefährtin, eine ausgewiesene Klimt-Kennerin, und Weinhäupls Bruder im Vorstand der neuen Privatstiftung. Natter, der nach der Bekanntgabe dieser Konstruktion hinschmiss, findet das "inakzeptabel und intransparent", er sieht eine Unvereinbarkeit in den beiden Aufgaben und sagt: "Da ist der Falsche zurückgetreten."

Lange Gerichtsverfahren und teure Vergleiche

Die Sammlung von Rudolf Leopold im Wiener Museumsquartier sei lange genug ein Synonym für ein Raubkunst-Museum gewesen, jetzt lege sich sein bisheriger Museums-Kollege Weinhäupl "wieder mit denen ins Bett", die sich in Sachen Provenienzforschung viele Fragen stellen lassen müssten.

Tatsächlich hatte zum einen das Leopold-Museum erst Anfang der Nullerjahre unter gewaltigem Druck jüdischer Erben angefangen, sich mit der Herkunft der beliebten Sammlung auseinanderzusetzen; lange Gerichtsverfahren und sehr teure Vergleiche zeugen davon.

Zum anderen ist die Herkunft einiger Werke der Klimt-Foundation von Ursula Ucicky bis heute unklar, der Klimt-Sohn kaufte einst auch an, was aus Arisierungen stammte. Weshalb ein Vertreter der Stadt, der nicht genannt werden möchte, meint, da werde gerade gewonnenes Vertrauen wieder zerstört.

Weinhäupl und der Anwalt der Stiftung, der pikanterweise auch im Vorstand des Leopold-Museums sitzt, sehen das naturgemäß anders. Ziel des neuen Projekts solle ja doch gerade sein, sagt Weinhäupl, die Provenienz der Ucinky-Bilder transparent zu machen; es gelte, diese "kleine Sammlung zu retten und zu beforschen".

Stiftungsanwalt oder Vorstand?

Er verstehe den ganzen Wirbel um seine Doppelfunktion nicht, schließlich könne er sich als Direktor des Leopold-Museums doch besonders gut um Synergien mit der Klimt-Foundation bemühen. Und Anwalt Andreas Nödl dementiert, dass der familiäre Charakter des Stiftungsvorstandes vielleicht etwas zu intim geraten sei; immerhin schaue ja ein Beirat den Ucicky-Vertrauten auf die Finger.

Ex-Direktor Natter findet das alles absurd: Nödl habe ihm ob seines Rücktritts eine empörte Mail geschrieben, in der er sein Unverständnis äußere, dass er, Natter, nicht "daran gearbeitet hat, dass es mit der Klimt-Foundation eine Kooperation geben möge". Wer ihm denn da geschrieben habe, fragt Natter, Stiftungsanwalt Nödl oder der Vorstand des Leopold-Museums Nödl?

Wien wäre nicht Wien, wenn es neben der Debatte um die so lange aufgeschobene und nun wieder neu problematisierte Vergangsbewältigung sowie um die problematische Konstruktion der Klimt-Foundation nicht auch um gekränkte Eitelkeiten und üble Nachrede ginge.

Und so sagt einer, Natter sei beleidigt, weil er von Ursula Ucicky nicht selbst gefragt worden sei. Der nächste sagt, im Belvedere, wo ebenfalls Werke von Gustav Klimt hängen, habe man auf eine Schenkung der alten Dame gehofft und sei nun sauer, keinen Zugriff auf die Werke zu haben. Und der dritte sagt, Rudolf Leoplds Gattin Elisabeth und Sohn Diethard, die als Erben mit im Vorstand des Leopold-Museums sitzen, fühlten sich von Weinhäupl und Nödl total hintergangen. Aber so etwas sagt man in Wien eben nicht laut.

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