Wiederaufnahme:Neue Oper, überall

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Der Verein "Fedora" nutzt "South Pole" für seine Jurysitzung

Von Egbert Tholl, München

Ein Wiedersehen nach ziemlich genau einem Jahr, ein Jahr nach der Uraufführung. Man kann nun lange rätseln, woran es liegt, dass der Erwartungsdruck weg ist, dass man das Werk schon mal gehört hat. Wie auch immer: "South Pole" an der Bayerischen Staatsoper kommt einem aufregend entgegen, opernhafter, als man es im Gedächtnis hatte. Es kann ja kaum sein, dass einem die Musik inzwischen vertrauter geworden wäre - viele Stücke von Miroslav Srnka hat man seitdem auch nicht gehört. Aber das kalte Gleißen, Kirill Petrenkos emotionaler Wundermechanismus, also das Bayerische Staatsorchester, die souveränen Sänger - das ist alles beeindruckend und auch irgendwie viel fleischlicher, substanzieller als bei der Premiere.

Rolando Villazón singt nicht mehr den Scott. Das tut jetzt John Daszak, und dadurch verändert sich viel. Bei Villazón war das Scheitern der Figur von vornherein in deren Gefühlshaushalt eingeschrieben; das war auch sehr spannend, erhöhte es doch den Gegensatz zum stählernen Amundsen von Thomas Hampson. Vielleicht hatte es sogar mehr historische Wahrheit. Nun treffen mit John Daszak und Thomas Hampson zwei in ihrer Entdeckerwucht gleichberechtigte Gegner aufeinander. Beide hart in der Deklamation, beide groß im Anspruch an sich und die anderen, die Unterschiede zwischen den Figuren verwischen. Das muss nicht mehr Wahrheit haben im Kontext des Werks, es ist einfach anders. Und dass es anders sein kann, ist aufregend, und ein Lob an die Staatsoper, eine Uraufführung nicht einfach als Eintagsfliege verenden zu lassen. Außerdem ist Tara Erraught krank, aber sie spielt die Gattin Scott, während sie Eri Nakamura vom Pult auf der Bühne singt. Das gelingt auch, aber noch schöner ist das Wiedersehen mit Mojca Erdmann als Amundsens Geist seines schlechten Gewissens bezüglich Frauen. Erdmann hat ihre runde Stimme, ihre physische Überwältigungskraft zurück, das freut einen.

Vor der Aufführung tagt "Fedora". Das ist eine Vereinigung von 73 hauptsächlich europäischen Opernhäusern und Festivals in 19 Ländern. Ziel unter der enthusiastischen Leitung von Edilia Gänz ist vor allem eines: Uraufführungen in Oper und Ballett unterstützen. Dafür sucht er in der Privatwirtschaft Sponsoren, die einen Opernpreis von 150 000 Euro und einen für Ballett in Höhe von 100 000 Euro finanzieren. Bewerben können sich koproduzierte Projekte, die Produktionen sollen am besten durchs Netzwerk touren, zur Auswahl tagt eine illustre Jury, in der zahlreiche Opernintendanten, auch Pierre Audi oder Eva Wagner-Pasquier, Mitglied sind und auch die Staatsoper mitmischt. Dank "Fedora" kam eine Kinderoper nach Magdeburg, die, aus Como stammend, insgesamt 100 000 Kinder sahen. "South Pole" hätte der Verein auch unterstützt. Aber das ist keine Koproduktion.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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