Weimar (dpa/th) - Seit knapp zwei Monaten hat Marcel Lepper die Direktorenstelle in einem der bedeutendsten Archive Deutschlands inne. Als neuer Leiter will er am ehrwürdigen Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar mit Digitalisierung und stärkerem Fokus auf schwierige Inhalte im Bestand eigene Akzente setzen. Dabei soll gleich auch noch mehr Publikum erschlossen werden - so die Pläne, die Lepper am Dienstag in Weimar vorstellte.
Ein Hauptanliegen Leppers ist, das Haus politischer zu gestalten. Dazu gehört die verstärkte Auseinandersetzung mit der Herkunft der Dokumente in der Provenienzforschung, aber auch mit den Inhalten, wie Lepper sagte.
Als ein erstes größeres Projekt solle es dabei um den Nachlass von Adolf Bartels (1862-1945) gehen, einem kulturpolitischen Wegbereiter des Nationalsozialismus. „Der Bartels-Bestand ist - wenn man so will - toxisch“. Dieser „Giftschrank“ soll nun ausgepackt werden, so Lepper. Es sei an der Zeit, dass sich das Haus dazu intensiver positioniere. Gerade zu diesem Themenblock hoffe er auch auf eine engere Zusammenarbeit mit Schulen.
Zudem erklärte Lepper, dass die Digitalisierung stärker in den Fokus rücken solle. Bisher seien von 300 000 Dokumenten digitale Versionen erstellt worden - die Zahl solle bis 2025 verdoppelt werden. Bei der Digitalisierung müsse im Zuge von Inklusion und Teilhabe auch über Barrierefreiheit nachgedacht werden, so Lepper. Es gehe um Fragen, was etwa in einfacher Sprache oder für Sehbeeinträchtigte anderweitig aufgerüstet darstellbar sei. „Wir wollen diese Nutzer“, betonte Lepper.
Zu den großen Digitalisierungsprojekten gehören auch die „Propyläen“. Damit sollen Dokumente - Briefe, Tagebücher - zum Leben von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) online für Fachpublikum, aber auch Laien zugänglich gemacht werden. „Die Fach-Community wird Dinge entdecken, die man so vorher noch nicht gesehen hat und die allgemeine Öffentlichkeit wird merken, dass Goethe ein Meister der Selbstdokumentation war.“
Aber auch dem anderen Namensgeber des Archivs soll ein neues Projekt gewidmet werden. Dabei gehe es darum, Fragmente von Friedrich Schillers Drama „Malteser“ zusammenzuführen. „Zerschnipselte Handschriften liegen hier bei uns, aber etwa auch in Marbach und anderen Orten“, sagte Lepper. Ziel sei es, eine Art digitales Puzzle zu veranstalten.
Lepper ist seit Anfang Juli der neue Leiter des 1885 gegründeten Archivs. Das Haus ist laut Klassik Stiftung Weimar - zu der das Archiv gehört - das älteste Literaturarchiv in Deutschland. Dort werden mehr als 150 Nachlässe von Denkern, Autoren und Künstlern bewahrt. Aber auch die Archive von Verlagen, Gesellschaften und mehr Schriften finden sich dort. Der Nachlass Goethes zählt zum dokumentarischen Erbe der Unesco. Insgesamt umfasst der Bestand wohl mehr als fünf Millionen Blatt.